Datenschutzmängel kritisiert


Einsatz verdeckter Ermittler sowie eine Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten
"Insgesamt liegt mit dem Entwurf ein modernes Gesetz für den Zollfahndungsdienst vor, dass sich folgerichtig in die aktuelle Gesetzgebung für Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung einpasst", lobte das Zollkriminalamt



Die betroffene Verwaltung hat sich mit der von der Bundesregierung geplanten Neuregelung des Zollfahndungsdienstes zufrieden gezeigt. Bedenken kamen hingegen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am unter Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Albrecht Glaser (AfD) von Datenschützern und Anwälten. Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf (19/12088) sieht eine Ausweitung der Befugnisse des Zollfahndungsdienstes vor. So sollen der Einsatz verdeckter Ermittler sowie eine Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und Telekommunikationsendgeräten möglich werden. Mit dem Gesetz werden außerdem die Auskunftspflichten von Betroffenen und Dritten erweitert. Außerdem darf das Zollkriminalamt in Zukunft Gerätenummern von Telekommunikationsendgeräten und die Kartennummern der verwendeten Karten sowie die Standorte von Telekommunikationsendgeräten ermitteln.

"Insgesamt liegt mit dem Entwurf ein modernes Gesetz für den Zollfahndungsdienst vor, dass sich folgerichtig in die aktuelle Gesetzgebung für Sicherheitsbehörden und die Strafverfolgung einpasst", lobte das Zollkriminalamt den Gesetzentwurf, mit dem der Zollfahndungsdienst weiterhin für die Herausforderungen moderner Kriminalitätsbekämpfung gerüstet sein werde. Als effektives und erforderliches Einsatzmittel bezeichnete das Zollkriminalamt den geplanten Einsatz verdeckter Ermittler. Aufgrund des höchst konspirativen Täterverhaltens sei es zum Regelfall geworden, dass nur eine Mischung unterschiedlichster Methoden und Ansätze bei der Informationsgewinnung Erfolg verspreche. Hierzu gehöre auch der Einsatz verdeckt auftretender Ermittlungsbeamter, um Zugang zu relevanten Informationen zu erhalten.

Auch die Deutsche Zollgewerkschaft (BDZ) zeigte sich mit dem Entwurf zufrieden und hob besonders die neuen präventiven Möglichkeiten bei der Post- und Telekommunikationsüberwachung sowie beim Einsatz von verdeckten Ermittlern hervor. Erforderlich sei aber eine bessere personelle Ausstattung, so die Organisation. Von einem "insgesamt gelungenen Gesetzentwurf" sprach Professor Klaus Gärditz (Universität Bonn). Der Entwurf orientiere sich an den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Leitsätzen. Ähnlich äußerte sich Professor Kurt Graulich (Humboldt-Universität Berlin).

Der Zollbeamte Marius Kühne kritisierte die erhebliche Ausweitung des Gesetzesumfangs, dessen Paragrafen-Zahl sich im Gegensatz zur bisherigen Regelung von 47 auf 107 Paragrafen mehr als verdopple. Kühne sprach von einem "Schönschreibwettbewerb von Juristen". Die Abfrage bei Datenbanken sei für das Zollpersonal viel zu kompliziert. Sinnvoll sei die Einrichtung einer zentralen Datenbank.

Dagegen ist die Erforderlichkeit des Einsatzes verdeckte Ermittler nach Ansicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bislang nicht hinreichend begründet. Eine reine Nützlichkeit neben den bereits bestehenden Eingriffsbefugnissen sei hier nicht ausreichend. Insbesondere sei nicht dargelegt, wo und weshalb die vorhandenen Eingriffsbefugnisse im Bereich der Zollfahndung an ihre Grenzen stoßen würden. Außerdem erhob der Bundesbeauftragte erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die sogenannte Bestandsdatenauskunft. Die Norm ermögliche eine permanente Erhebung und weitere Verwendung von Bestandsdaten sowie die Zuordnung von Internetprotokoll-Adressen. Betroffen davon seien alle Personen, die in den verschiedenen Sammlungen gespeichert seien. Eine solche, nahezu voraussetzungslose und anlasslose Anreicherung von Daten erscheine "in höchstem Maße unverhältnismäßig", so der Bundesbeauftragte für den Datenschutz.

Die Gewerkschaft der Polizei - Bezirksgruppe Zoll - legte einen eigenen Entwurf zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes vor, in dem die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die ohnehin den Kern der Neufassung bilden würden, im Wesentlichen übernommen wurden. Zu den Forderungen der Gewerkschaft gehört, das Zollkriminalamt aus der Generalzolldirektion herauszulösen und als selbstständige Behörde zu führen. Denn in seiner heutigen Struktur sei der Zoll nicht rund um die Uhr einsatzfähig. Mit Klarstellungen in Formulierungen soll der Zollfahndungsdienst auch materiell-rechtlich als Polizei angesehen werden. Schließlich würden dessen Mitarbeiter hervorragende Polizeiarbeit im Kampf gegen schwere und organisierte Kriminalität leisten.

Nach Ansicht von Professor Hartmut Aden (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) gibt es in dem Gesetzentwurf so viele Defizite und unnötig komplexe Regelungen, so dass zu empfehlen sei, "den Entwurf zurückzuziehen und das Gesetzgebungsverfahren mit einem neuen Entwurf erneut zu beginnen". Auch der Deutsche Anwaltverein sah die Erweiterung grundrechtsintensiver Eingriffe wie den Einsatz verdeckter Ermittler, die Quellen- und Telekommunikationsüberwachung sowie die Erhebung von Nutzungsdaten kritisch. Es stelle sich die Frage, warum überhaupt verdeckte Ermittler zum Einsatz kommen müssten. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 10.12.19
Newsletterlauf: 14.02.20


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bitcom lobt und kritisiert Kryptopolitik

    Der Branchenverband Bitcom warnt davor, dass Deutschland seine gute Ausgangsposition im Bereich der Kryptowirtschaft nicht aufs Spiel setzen solle. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (20/10280) sagte Bitcom-Vertreter Benedikt Faupel: "Der Standort Deutschland hat gute Voraussetzungen, ich erinnere an die Blockchain-Strategie."

  • Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

    Der Kulturausschuss hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch mit den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich auseinandergesetzt. Geladen hatte er Sachverständige von Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unternehmen und aus der Wissenschaft.

  • Modernisierung des Postrechts

    In einer Anhörung beschäftigten sich neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283). Dieses beinhalte eine "grundlegende Novellierung des Postrechts", schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf.

  • Einnahmen aus dem Energiekrisenbeitrag

    Die im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine massiv gestiegenen Preise für Erdgas, Wärme und Strom haben zeitweise eine existenzbedrohende Belastung für die Bevölkerung und Unternehmen in Europa und nicht zuletzt in Deutschland dargestellt. Dabei sorgten das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für eine zeitlich befristete, schnelle Entlastung in der Breite der Bevölkerung und der Unternehmen in Deutschland, welche durch ihre konkrete Ausgestaltung die Anreize zum Energiesparen aufrechterhalten hat.

  • Soziale und ökologische Nachhaltigkeit

    Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen