Vorbehalte gegen neue WLAN-Regelungen


WLAN-Hotspots ermöglichten einem Nutzer "nicht nur einen Internet-Zugang an beliebigen Orten, sondern auch die Möglichkeit, über diese zu telefonieren (Wifi-Calling)"
Sei die Nutzung ohne Zugangsdaten möglich, führe dies "zu einer vollständigen Anonymisierung des Nutzers", befand Andreas May als Vertreter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT)



Auf massive Kritik von Strafverfolgern und Urheberrechte-Inhabern ist der Vorstoß der Bundesregierung zum unkomplizierten Zugang zu öffentlichen WLAN-Angeboten gestoßen. Auch grundsätzlicher Zuspruch ging durchweg mit kritischen Anmerkungen einher. Dies war am Montag das Bild bei einer Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Klaus Barthel (SPD).

Es ging dabei um den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (18/12202; 18/12496), mit dem der Umfang der Haftungsbeschränkung für Internetzugangsanbieter geregelt werden soll. Sie sollen ihre Dienste Dritten anbieten können, ohne befürchten zu müssen, für Rechtsverstöße von Nutzern abgemahnt oder haftbar gemacht werden zu können.

Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie meinte namens des "Forums der Rechteinhaber", die vorgesehenen Regelungen seien "kaum vertretbar, da sie zu erheblichen gesellschaftlichen und rechtlichen Kollisionen sowie zu wirtschaftlichen Schäden führen". Es werde etwa mit Blick auf Hass-Äußerungen "die Verantwortungslosigkeit im digitalen Raum" gefördert. "Beseitigt" werde "die Möglichkeit zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen der Rechteinhaber". Er beklagte einen "Durchsetzungs-Leerraum": "Gegen wen sollen wir uns wenden?"

Andreas May von der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main strich heraus, die Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) sei ein "wesentlicher Eckpfeiler effektiver Strafverfolgung". WLAN-Hotspots ermöglichten aber einem Nutzer "nicht nur einen Internet-Zugang an beliebigen Orten, sondern auch die Möglichkeit, über diese zu telefonieren (Wifi-Calling)". Sei die Nutzung ohne Zugangsdaten möglich, führe dies "zu einer vollständigen Anonymisierung des Nutzers", befand May als Vertreter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Er setzte sich für eine "verifizierbare Registrierung im WLAN und eine zeitweise Speicherung der Nutzungsdaten durch den WLAN-Betreiber ein, um so Täter identifizieren zu können. Dies seien "die einzig erfolgversprechenden Maßnahmen, das Problem des Missbrauchs einzudämmen".

Tobias Keber von Hochschule der Medien (HdM) sagte: "Gesetzlicher Handlungsbedarf ist da." Was der Gesetzentwurf vorsehe, sei "insgesamt schon geeignet", um die Probleme in den Griff zu bekommen. Der Interessensausgleich zwischen den Beteiligten werde "fair" gelöst.

Stephan Tromp (Handelsverband Deutschland /HDE) hob den "Wegfall des Großteils der Ansprüche im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung und -durchsetzung der Urheberrechteinhaber" hervor. Damit verbesserten sich die Rahmenbedingungen der Internet-Anbieter "insbesondere durch eine Reduzierung der finanziellen Risiken". Entgegen den Vorgaben im Gesetzentwurf sollte ausgeschlossen werden, dass eine gerichtliche Anordnung von Passwort- und Registrierungspflichten möglich bleibt. Doch insgesamt bewertete Tromp den Gesetzentwurf als "eine gute Grundlage für einen Kompromiss aller Beteiligten".

Dieter Frey (FREY Rechtsanwälte Partnerschaft) verwies auf den "Sperranspruch", der in das Gesetz aufgenommen werden soll. Auf richterliche Anordnung kann eine Nutzungssperre verhängt werden, wenn eine Verletzung von Rechten am geistigen Eigentum festgestellt wurde. Dieser Passus führe zu einer "Rechtsunsicherheit", meinte Frey. Nicht zuletzt deswegen bestehe die Gefahr, dass die geplante Gesetzesänderung ihr Ziel verfehle, offenes WLAN weiter zu stärken.

Volker Tripp (Digitale Gesellschaft) sagte, er glaube nicht an einen Anstieg von Wettbewerbsverletzungen. Jedenfalls habe er für einen solchen Befund "keine sachliche Grundlage gesehen". Beim Gesetzesvorhaben hielt er "Nachbesserungen für notwendig", um das nötige Maß an Rechtssicherheit herzustellen. So werde "der Umfang der Haftungsbeschränkung für Internetzugangsanbieter mit dem Entwurf nicht hinreichend klar geregelt". Auch sollte "die Hintertür für behördlich angeordnete temporäre Einstellungen des WLAN-Zugangs geschlossen werden".

Für Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt am Main, ist "angesichts der gegenwärtigen Rechtssprechungslage" eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes "zwingend erforderlich". Die angepeilte "Neuregelung der Haftungsprivilegierung für Anbieter von öffentlich zugänglichen WLANs" sei mithin "grundsätzlich begrüßenswert". Freilich verblieben "aufgrund gesetzestechnischer Mängel Unklarheiten, die der beabsichtigten Rechtssicherheit im Wege stehen könnten".

Mit der dritten Änderung des Telemediengesetzes reagiert die Bundesregierung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der Gesetzentwurf sieht vor, dass WLAN-Betreiber von Behörden nicht verpflichtet werden können, Nutzer zu registrieren oder ein Passwort für die Nutzung zu verlangen. Dies sei aber auf freiwilliger Basis weiter möglich, so die Regierung. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 29.06.17
Home & Newsletterlauf: 18.07.17


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>



Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen