Streit um Kosten von Firmenveranstaltungen


Lohnsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen: Bei Betriebsveranstaltungen sollen danach Zuwendungen des Arbeitgebers keinen Arbeitslohn darstellen, wenn ihr Wert 150 Euro (bisher 110) nicht übersteigt
Gemeinkosten sollen den Arbeitnehmern anteilig angerechnet werden und nicht nur Essen und Trinken

(19.12.14) - Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Wissenschaftler haben in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag die von der Bundesregierung geplanten Änderungen bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen kritisiert und Veränderungen gefordert. Die Maßnahmen sind in dem von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/3017) enthalten. Bei Betriebsveranstaltungen sollen danach Zuwendungen des Arbeitgebers keinen Arbeitslohn darstellen, wenn ihr Wert 150 Euro (bisher 110) nicht übersteigt. Die Freigrenze gilt für bis zu zwei Veranstaltungen jährlich. In der Regelung sind allerdings weitere Bedingungen enthalten. Zum Beispiel sollen Gemeinkosten (Miete von Sälen, Technik, Musik) den Arbeitnehmern anteilig angerechnet werden und nicht nur Essen und Trinken.

"Aus Sicht des betroffenen Arbeitnehmers stellen diese Gemeinkosten keine unmittelbare Zuwendung an ihn dar", protestierte die Deutsche Steuer-Gewerkschaft. Auch Jürgen Brandt vom Deutschen Finanzgerichtstag bezeichnete die Einbeziehung der Gemeinkosten als "in hohem Maße fraglich". Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hielt die Regelung für überdehnt, während die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft die Vorschrift weder vom Inhalt noch von der Verfahrensweise her für akzeptabel hielten und die Bundesteuerberaterkammer auf "zahlreiche Zweifelsfragen in der Praxis" verwies. Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine erklärte, die in der Gesetzbegründung behauptete Steuervereinfachung sei "nicht erkennbar".

Die Spitzenverbände von Industrie, Handwerk, Handel, Banken und Versicherungen begrüßten jedoch die von der Regierung geplanten steuerlichen Maßnahmen für die "Kindernotbetreuung". Damit werde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt, erklärten die Spitzenverbände in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. Nach dem Entwurf soll für zusätzliche, außergewöhnliche Betreuungsleistungen soll ein Freibetrag von 600 Euro im Jahr eingeführt werden. Dabei geht es um Betreuungskosten, "die kurzfristig aus zwingenden beruflich veranlassten Gründen entstehen". Erstmals sollen damit auch Betreuungskosten "in eng umgrenzten Rahmen steuerlich begünstig (werden), wenn sie im Privathaushalt des Arbeitnehmers anfallen". In diesem Zusammenhang wies Professor Frank Hechtner (Freie Universität Berlin) darauf hin, dass die steuerlichen Kinderfreibeträge in diesem Jahr zu niedrig seien und dringend erhöht werden müssten. Auch bestehe Handlungsbedarf, das steuerliche Existenzminimum von Erwachsenen und Kindern im nächsten Jahr zu erhöhen.

Neu definiert werden soll mit dem Gesetz der Begriff der ersten Berufsausbildung. Bisher sind Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen bis zum Abschluss der Erstausbildung bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben abziehbar. Mit der Neuregelung soll vorgeschrieben werden, dass die Erstausbildung für eine gewisse Dauer angelegt sein muss und die zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln hat. Kurse zur Berufsorientierung und zur Erlangung der Fahrerlaubnis für Nutzfahrzeuge oder Gabelstapler sollen nicht als Erstausbildung gelten. Während Jürgen Brandt vom Finanzgerichtstag Sympathie für die Regelung zeigte und meinte, je weniger Zeit eine Ausbildung benötige, desto mehr habe sie den Charakter einer Einweisung, gab es vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine massiven Widerspruch. Neben dem dualen Ausbildungssystem gebe es weitere Ausbildungen, deren Dauer oft weniger als 18 Monate umfasse. Als Beispiele wurden Altenpflegehelfer, Gesundheits- und Krankenpflegehelfer, Sozialassistent oder Tontechniker genannt. Die steuerlichen Konsequenzen wären für die Betroffenen oft drastisch: Die Kosten einer weiteren Ausbildung könnten nicht mehr als Werbungkosten steuerlich geltend gemacht werden. Der DGB schlug einen Kompromiss vor: Alternativ zum Nachweis einer Erstausbildung sollte auch der Nachweis von mindestens vier Jahren Berufstätigkeit mit durchschnittlich 20 Stunden pro Woche genügen, um die Kosten einer sich anschließenden berufsqualifizierenden Ausbildung als Werbungskosten geltend machen zu können.

Die vom Bundesrat in seiner Stellungnahme (18/3158) geforderte Änderung der Rabatt- und Gutscheinbesteuerung wurde von den großen Wirtschaftsverbänden strikt abgelehnt. Die Länder hatten vorgeschlagen, Gutscheine nicht mehr als Sachlohn, sondern als Barlohn zu behandeln. Das hätte zur Folge, dass Gutscheine nicht mehr unter die steuerliche Freigrenze von 44 Euro fallen. Dazu schreibt die Wirtschaft: "Würde bei Gewährung eines Wertgutscheins künftig Lohnsteuer abzuführen sein, dürfte die Freude des Arbeitnehmers am Geschenk getrübt sein, wenn er am Monatsende feststellt, dass sein Nettogehalt wegen der abzuführenden Lohnsteuer niedriger ausfällt." Auch der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine befürchtete, dass der Länder-Vorschlag zu einer Mehrbelastung führen, "das Steuerrecht verkomplizieren und den Bürokratieaufwand erhöhen" würde. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte: "Die Einschränkung ist nicht sachgerecht, führt zu unnötigen Komplikationen im betrieblichen Alltag und ist gemessen an den geringen zu erwartenden Steuereinnahmen unverhältnismäßig."

Bei einigen geplanten Maßnahmen im Bereich der Unternehmenssteuern warfen die Sachverständigen der Regierung vor, zum Teil weit über das Ziel hinauszuschießen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer erklärte zu den geplanten Maßnahmen zur Neutralisierung der Effekte hybrider Steuergestaltungen, es sollten erst weitere Veröffentlichungen der OECD zu Detailfragen abgewartet werden. So wie die Maßnahme jetzt angelegt sei, könnte sie dem Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich schaden und zu Doppelbesteuerungen führen. Kritik wurde auch an einer erst kürzlich geänderten Norm zur steuerpflichtigen Aufdeckung von stillen Reserven laut. So verlangte die Unternehmensberatung Ernst & Young schnelle Änderungen an der zu weitreichenden Regelung, weil Unternehmen schwerwiegende Liquiditätsengpässe drohten. Es komme zu Besteuerungen ohne Anlass.

Der Deutsche Juristinnenbund kritisierte, dass viele Regelungen nicht geschlechtsneutral seien. Der Deutsche Bauernverband äußerte sich erfreut über die Beibehaltung des Systems der Durchschnittssatzgewinnermittlung, was für rund 150.000 kleine Betriebe und Nebenerwerbslandwirte eine Erleichterung bedeute. Der bisher mögliche Abzug von betrieblich Schuld- und Pachtzinsen sollte aber nicht gestrichen werden. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Sorgfaltspflichten für Online-Dienste

    Bei einer öffentlichen Anhörung des Digitalausschusses ist das von der Bundesregierung geplante Digitale-Dienste-Gesetz (20/10031) zur Umsetzung des Digital Services Act (DSA) auf nationaler Ebene von den geladenen Sachverständigen überwiegend begrüßt worden. Moderate Kritik wurde an einzelnen Punkten des Entwurfs zur Umsetzung laut.

  • Einsatz von KI birgt auch Risiken

    Die Deutsche Bundesregierung erkennt in der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) ein "vielfältiges und beträchtliches" Potenzial für Beschäftigte und den Arbeitsmarkt. KI könne die Produktivität von Beschäftigten steigern und diese bei ihren Tätigkeiten entlasten.

  • EU-Plastikabgabe weiter in Abstimmung

    Die Deutsche Bundesregierung befindet sich momentan noch in der Abstimmung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der nationalen Umlegung der EU-Plastikabgabe. Verschiedene Optionen würden geprüft.

  • Bedeutung gemeinwohlorientierter Unternehmen

    Die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), hat bei der Aussprache zur Unterrichtung des Bundestages zur Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen im Wirtschaftsausschuss die Bedeutung des Programms betont.

  • Mehr Recycling-Anreize

    In seiner derzeitigen Form hat Paragraf 21 des Verpackungsgesetzes aus Sicht der Bundesregierung für die Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen bereits ein wichtiges Signal in Richtung des ökologischen Verpackungsdesigns gesetzt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen