15.000 Euro eine abschreckende Sanktion?


Umsetzung der EU-Richtlinie über Europäische Betriebsräte umstritten
SPD will "wirkungsvolle Sanktionen zur Stärkung von Europäischen Betriebsräten umsetzen"


(07.04.11) - Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über Europäische Betriebsräte (EBR) in nationales Recht waren sich die Experten uneins. Besonders weit auseinander lagen sie während der Anhörung am Montagmittag bei der Frage nach Sanktionen sowie nach einem Zutrittsrecht für ausländische EBR-Mitglieder zu inländischen Betrieben. Grundlage der Anhörung waren der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit dem Titel "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes - Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG über Europäische Betriebsträte (2. EBRG ÄndG)" (17/4808) sowie der Antrag der SPD-Fraktion (17/5184) "Wirkungsvolle Sanktionen zur Stärkung von Europäischen Betriebsräten umsetzen".

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnt in ihrer Stellungnahme die im SPD-Antrag geforderten Ausweitungen des Gesetzes, insbesondere zu den Sanktionen, ab. "Die Forderungen gehen über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und stehen damit im Widerspruch zu dem Ziel, europäische Rechtsetzung so in das deutsche Recht einzufügen, dass die Akzeptanz von europäischen Gesetzen gestärkt wird", heißt es zur Begründung. BDA-Vertreter Roland Wolf lehnte zudem eine gesetzliche Regelung des Zutrittsrechts ab. "Mir ist kein Fall aus der Praxis bekannt, in dem sich ein entsprechendes Problem stellte", sagte er.

Auch der Bundesarbeitgeberverband Chemie lehnt die Forderung der SPD-Fraktion nach schärferen Sanktionen ab. Die Gesetzentwurf der Regierung vorgesehenen Sanktionen "sind aus unserer Sicht ausreichend." Gleichzeitig plädiert der Verband bei der Definition des Begriffs "Anhörung" für eine engere Orientierung an den Vorgaben der neu gefassten Richtlinie. Andernfalls werde der "auf europäischer Ebene zwischen den Sozialpartnern gefundene und von Europäischem Parlament und Rat übernommene Kompromiss verändert", betont der Verband.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich dafür aus, Sanktionen vorzusehen, die "wirksam, abschreckend und im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sind". DGB-Vertreter Ralf-Peter Hayen forderte in diesem Zusammenhang, bei der Umsetzung in deutsches Recht nachzubessern. "15.000 Euro sind keine abschreckende Sanktion", kritisierte er. Außerdem fordert der DGB eine gesetzliche Regelung eines Zugangsrechts von EBR- und Ausschussmitgliedern. “Durch eine entsprechende Klarstellung werden Prozesse auf EU-Ebene vermieden", sagte Hayen.

Die Einzelsachverständige Antje Orentat betont in ihrer Stellungnahme die entscheidende Bedeutung des Anspruchs auf Unterlassung. Ein entsprechendes Unterlassungsurteil, das der EBR der British Airways vor dem Arbeitsgericht Brüssel erreicht habe, habe die Unternehmensleitung überzeugt, Kooperation zu pflegen und Konsultationsprozesse rechtzeitig und umfassend einzuleiten.

Der Einzelsachverständige Frank Siebens sieht dagegen in der Unterrichtung und Anhörung "das Kernelement der EBR-Richtlinie und des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes." Diese bedürften einer dringenden Verbesserung. In der Vergangenheit sei es häufig vorgekommen, schreibt er zur Begründung, dass Europäische Betriebsräte bei Entscheidungen mit grenzüberschreitendem Charakter nicht oder zu spät angehört worden seien. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bitcom lobt und kritisiert Kryptopolitik

    Der Branchenverband Bitcom warnt davor, dass Deutschland seine gute Ausgangsposition im Bereich der Kryptowirtschaft nicht aufs Spiel setzen solle. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (20/10280) sagte Bitcom-Vertreter Benedikt Faupel: "Der Standort Deutschland hat gute Voraussetzungen, ich erinnere an die Blockchain-Strategie."

  • Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

    Der Kulturausschuss hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch mit den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich auseinandergesetzt. Geladen hatte er Sachverständige von Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unternehmen und aus der Wissenschaft.

  • Modernisierung des Postrechts

    In einer Anhörung beschäftigten sich neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283). Dieses beinhalte eine "grundlegende Novellierung des Postrechts", schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf.

  • Einnahmen aus dem Energiekrisenbeitrag

    Die im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine massiv gestiegenen Preise für Erdgas, Wärme und Strom haben zeitweise eine existenzbedrohende Belastung für die Bevölkerung und Unternehmen in Europa und nicht zuletzt in Deutschland dargestellt. Dabei sorgten das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für eine zeitlich befristete, schnelle Entlastung in der Breite der Bevölkerung und der Unternehmen in Deutschland, welche durch ihre konkrete Ausgestaltung die Anreize zum Energiesparen aufrechterhalten hat.

  • Soziale und ökologische Nachhaltigkeit

    Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen