Sondergremien nur unter Auflagen erlaubt


Nach BVerfG-Rüffel: Angriff auf das Gremium als Ganzes sei abgewehrt worden - Das habe nichts mit Schönfärberei zu tun, sagt Marcel Kaufmann
Der Prozessbevollmächtigte des Deutschen Bundestages kommentiert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein Sondergremium des Bundestags gestoppt und die Rechte der Abgeordneten des Deutschen Bundestages gestärkt hatte

(09.03.12) - Das Bundesverfassungsgericht hat das sogenannte Neuner-Gremium in seinem Urteil vom 28. Februar 2012 nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Das betonte der Prozessbevollmächtigte des Deutschen Bundestages, Marcel Kaufmann, in der Sitzung des Europa-Ausschusses. Im Kern gehe es in dem Urteil darum, dass der Kreis der Kompetenzen dieses Gremiums zu weit gezogen sei. Mit der Klage zweier Bundestagabgeordneter sei jedoch ein Angriff auf das Gremium als Ganzes geführt worden, und dieser Angriff sei abgewehrt worden. Das habe nichts mit Schönfärberei zu tun, so Kaufmann. Erfolg hätten die Kläger aber in dem Punkt gehabt, welche Zuständigkeiten dem Gremium übertragen werden dürften.

Das Neuner-Gremium ist Bestandteil des im Oktober geänderten Stabilisierungsmechanismusgesetzes (StabMechG). In dem Gesetz verpflichtet sich Deutschland auf Gewährleistungszahlungen in Höhe von 211 Milliarden Euro im Rahmen der EFSF. Das Gesetz regelt aber auch die Beteiligungsrechte des Bundestages neu. Danach bedürfen Entscheidungen des deutschen Vertreters in der EFSF grundsätzlich der Zustimmung des Bundestages. In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit sollte dieses Beteiligungsrecht von einem Sondergremium ausgeübt werden.

Kaufmann betonte, dass das Gericht keinesfalls die Einrichtung von Sondergremien als solches untersagt habe. Vielmehr habe es klargestellt, dass es zum Selbstorganisationsrechts des Parlaments gehöre, Untergremien zur selbständigen und plenarersetzenden Wahrnehmung von Aufgaben einzusetzen. Bei der Beschränkung der Statusrechte von Abgeordneten müsse jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. In seiner politischen Dimension hätte das Bundesverfassungsgericht also die Selbstorganisationsrechte des Bundestages gestärkt, so seine Schlussfolgerung.

Als schwieriger erweise sich die Interpretation des Urteils in Bezug auf dessen konkrete politische Handlungsanleitung. Diese Auffassung vertrat nicht nur Kaufmann, sondern auch die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten aller Fraktion. Kaufmann betonte, dass das Urteil "eine Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten" biete. So könne man beim Neuner-Gremium bleiben, mit veränderten Zuständigkeiten. Es sei aber auch denkbar, das Gremium durch den Haushaltsausschuss zu ersetzen. Die Frage, ob man das Neuner-Gremium nur für die eine Aufgabe, nämlich die Entscheidung über den Ankauf von Staatsanleihen, brauche, warf auch die Unionsfraktion in den Raum. Bündnis 90/Die Grünen, die FDP und Die Linke betonten, es sei nicht ganz eindeutig, welche "politische Handhabbarkeit" sich aus dem Urteil ableiten lasse. Die SPD appellierte daran, künftig Veränderungen bei den Gestaltungsrechten des Bundestages gemeinsam mit allen Fraktionen zu treffen. (Deutscher Bundestag: ra)

Lesen Sie auch
Wieder eine Abstrafung aus Karlsruhe


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen