Spielzeugrichtlinie in der Kritik


Änderungsbedarf an novellierter EU-Spielzeugrichtlinie: Gesundheitsgefährdende Stoffe im Spielzeug
Für bessere Überwachungsmöglichkeiten, um die "schwarzen Schafe" am Markt ausfindig machen zu können

(27.05.10) - Die im vergangenen Jahr novellierte EU-Spielzeugrichtlinie bietet nur einen unzureichenden Schutz für Kinder vor gesundheitsgefährdenden Stoffen im Spielzeug. Diese Ansicht vertrat die Mehrheit der zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie geladenen Sachverständigen.

Grundlage des Hearings bildeten Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/656) und der Linksfraktion (17/1563).

Das Hauptproblem, sagte Andreas Luch vom Bundesinstitut für Risikobewertung, seien polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), von denen viele "krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend" seien. Bei diesen Stoffen gebe es "keinen sicheren Grenzwert". Es sei daher notwendig, die Aussetzung der Kinder mit diesen Substanzen so weit zu reduzieren wie es technisch machbar sei. Die in der Richtlinie enthaltene Orientierung an der Chemikaliengesetzgebung führe jedoch dazu, dass sehr hohe PAK-Aussetzungen über Spielzeug erlaubt blieben.

Heribert Wefers vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) kritisierte ebenfalls, dass die in der Spielzeugrichtlinie verankerten PAK-Grenzwerte “um Größenordnungen schlechter sind", als sie für Lebensmittelkontaktmaterial festgeschrieben seien, und sie sogar die Grenzwerte für Autoreifen unterschreiten würden. "Die Werte können dem Schutzniveau von Kindern gar nicht gerecht werden", schlussfolgerte Wefers.

Dringenden Nachbesserungsbedarf sah auch Alexandra Caterbow von der Organisation Women in Europe for a Common Future (WECF). Sie bemängelte unter anderem "umfangreiche Ausnahmen" des Verbotes von krebserregenden Stoffen sowie "nicht ausreichende Grenzwerte für Schwermetalle". Sollte es nicht gelingen, in diesem Sinne die Richtlinie nachzubessern. müsse eine "nationale Lösung" für diese Probleme gefunden werden, forderte sie.

Für eine Kontrolle des Spielzeugs durch "unabhängige Dritte" sprach sich Christian Gicklhorn vom Verband der TÜV aus. Das sei auch im Interesse jener Hersteller, die große Anstrengungen unternehmen würden, um dem Sicherheitsinteresse der Kinder zu entsprechen. Deren Aufwand rechne sich derzeit nicht, da die Vorschriften nicht einheitlich für die Branche gelten würden und sich andere Hersteller der Überwachung entziehen könnten.

Für ein "Fair Play" auf dem Spielzeugmarkt sprach sich auch Paul Heinz Bruder von der Bruder Spielwaren GmbH aus. Markenhersteller würden in der Regel Vorschriften und Normen einhalten, sähen sich aber einer unüberschaubaren Anzahl an Marktteilnehmern gegenüber, die Eigenimporte durchführten und dabei häufig nicht in der Lage seien, die nötige Gewissenhaftigkeit bezüglich der Spielzeugsicherheit zu bieten.

Auch Frank Pomme vom Spielzeughersteller Schleich GmbH sprach sich für bessere Überwachungsmöglichkeiten aus, um die "schwarzen Schafe" am Markt ausfindig machen zu können. "Weitere gesetzliche Verschärfungen der Grenzwerte lösen das Problem nicht", sagte Pomme.

Maureen Logghe von der Europäischen Kommission sagte zu, sämtliche neuen Erkenntnisse der Wissenschaft zu prüfen, damit die Spielzeugrichtlinie ständig aktualisiert werden könne. Gleichwohl gehöre die Richtlinie ihrer Ansicht nach schon jetzt, insbesondere angesichts ihrer chemischen Anforderungen, zu den "strengsten der Welt". Eine strengere Marktüberwachung werde von der Kommission unterstützt, sagte Logghe. Die Mitgliedstaaten seien ohnehin verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, um Spielzeug, welches die Sicherheit von Kindern gefährden könne, vom Markt zu nehmen. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen