Strafbarkeit im Risikomanagement vorgesehen


Banken und Wirtschaft protestieren gegen "Trennbankensystem": "Die Einführung von Trennbankensystemen leistet keinen Beitrag zur Risikominderung"
Compliance im Bankwesen: Systemrelevante Geldhäuser verpflichtet, den spekulativen Handel in rechtlich selbstständige Einheiten auszulagern

(31.05.13) - Bankenverbände und Wirtschaft haben gegen die von der Bundesregierung geplante Einführung eines Trennbankensystems zur Vermeidung weiterer Finanzkrisen protestiert. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses erklärte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der deutschen Bankenverbände, in ihrer Stellungnahme: "Die Einführung von Trennbankensystemen leistet keinen Beitrag zur Risikominderung."

Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (17/12601). Danach werden systemrelevante Geldhäuser verpflichtet, den spekulativen Handel in rechtlich selbstständige Einheiten auszulagern. Das abgetrennte Finanzhandelsinstitut muss sich eigenständig und ohne Garantien des übergeordneten Unternehmens refinanzieren.

Vorgeschrieben werden soll das Trennbankensystem für Institute, deren Handelsaktivitäten mehr als 20 Prozent der gesamten Bilanzsumme ausmachen und größer sind als 100 Milliarden Euro. Zudem sollen die Strafen für Banker bei Verletzung von wesentlichen Risikomanagementpflichten verschärft werden. So drohen künftig bei Missmanagement bis zu fünf Jahre Haft. Außerdem sollen Banken in Zukunft Vorkehrungen für ihre eigene Abwicklung treffen. Im Einzelnen sollen "global und national systemrelevante Kreditinstitute" Sanierungspläne erstellten, die der Vorbereitung auf einen Krisenfall dienen.

Die Bankenverbände warnten vor negativen Folgen für den Finanzplatz Deutschland und für die deutsche Wirtschaft und forderten eine Beibehaltung des deutschen Universalbankensystems. Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe nicht, und außerdem bestehe angesichts der bereits auf EU-Ebene entfalteten Aktivitäten "keine Notwendigkeit für die Eile, mit der dieses Gesetzesvorhaben auf Bundeseben betrieben wird". Zudem wandte sich die Kreditwirtschaft gegen die vorgesehene Strafbarkeit im Risikomanagement.

Auch der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) hält die Strafnorm für "unverhältnismäßig und zu diesem Zeitpunkt für nicht erforderlich".

"Nicht jede zivilrechtliche Pflichtwidrigkeit ist strafwürdig", argumentierte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und forderte: "Die unternehmerische Freiheit muss gewahrt bleiben."

Wie die Banken sah auch der BDI in der Frage des Trennbankensystems "keine Veranlassung, übereilt im nationalen Alleingang ohnehin geplanten EU-Entwicklungen vorzugreifen" und stellte fest: "Die geplante Separierung des Handelsgeschäfts ist fraglos ein schwerwiegender Eingriff in die Geschäftspolitik und Vertragsfreiheit der Banken, die ordnungspolitisch kaum begründbar ist und an den hohe Anforderungen gestellt werden müssen." Zudem sei ein "positiver Beitrag zur Systemstabilität" nicht sicher.

Der Verband der Auslandsbanken empfahl eine europäische Lösung zur Sanierung und Abwicklung, denn die Problematik bestehe nahezu unvermindert fort, "wenn systemrelevante Institute im Ausland keine entsprechenden Mechanismen vorhalten".

Kritisch zur Trennung von Bankaktivitäten äußerte sich Professor Jörg Rocholl (European School of Management and Technology Berlin). Die Abtrennung riskanter Geschäftsbereiche lasse eine wesentliche Ursache für die Probleme bei der Abwicklung von Finanzinstituten außen vor, "nämlich deren enge Verflechtung und Vernetzung". 80 Prozent des Portfolios deutscher Banken würden aus Investitionen in Wertpapiere anderer Banken bestehen.

Professor Joseph Huber (Martin-Luther-Universität Halle) erklärte in seiner Stellungnahme, "was die Erwartung einer Risikoabschirmung durch Trennung von Geschäftsbereichen angeht, kann sich diese nur unter bestimmten Voraussetzungen erfüllen".

Von anderen Sachverständigen wurden die Pläne der Bundesregierung als nicht weitreichend genug kritisiert. "Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Trennung unterschiedlicher Bankaktivitäten wird kaum Auswirkungen auf die Praxis haben", argumentierte "Finance Watch" und sagte voraus, "dass deutsche Steuerzahler künftig an der Finanzierung von Rettungspaketen ausländischer Banken beteiligt werden".

Für Professor Rudolf Hickel (Universität Bremen) geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung, greift aber zu kurz: "Vor allem wird die angestrebte Reduktion des spekulativen Handelsvolumens zur Entschärfung systemrelevanter Geschäftsbereiche nicht erreicht."

Die Organisation weed (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung) bezeichnete den Entwurf als "Papiertiger".

Wie weed argumentierte auch der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass angesichts der hohen Voraussetzungen für eine Abtrennung nur wenige Institute betroffen sein würden.

Vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hieß es, dass auch ein Trennbankensystem allein die Realwirtschaft nicht sicher von den Risiken im Finanzdienstleistungssektor abschirmen könne.

Eine positive Bewertung gab die Deutsche Bundesbank ab. Da die abzutrennenden Bank-Einheiten weiterhin zur Bankengruppe gehören könnten, werde kein striktes Trennbankensystem eingeführt, sondern das Universalbankensystem bleibe im Prinzip erhalten. Die angestrebte funktionale Trennung könne dazu beitragen, "das in Einlagenkreditinstituten betriebene klassische Bankgeschäft einschließlich des Zahlungsverkehrsgeschäfts vor Risiken zu schützen, die sich aus besonders riskanten Geschäften ergeben". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen