Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse


Wirtschaft plädiert für Verschiebung des Nachhaltigkeitsstandards für Biomasse
Nur wenn es zu einer Verschiebung komme, werde es möglich sein, nachhaltig zertifizierte Biomasse zur Aufrechterhaltung der bisherigen Biomenge für die Märkte zu beschaffen


(24.06.10) - Die an der Erzeugung und Nutzung aus flüssiger Biomasse hergestellter Energie beteiligte Wirtschaft fordert eine Verschiebung der Nachhaltigkeitsstandards für Biostrom und Biokraftstoffe.

Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses deutlich. Klaus-Dieter Schumacher vom Agrar-Handelsunternehmen Toepfer International sprach sich dabei für die von den Koalitionsfraktionen geplante Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (17/1750) aus.

Erst ab 1. Januar 2011 soll demnach die Pflicht gelten, zur Stromerzeugung aus flüssiger Biomasse nur solche aus nachhaltiger Herstellung zu verwenden, sofern der erzeugte Strom nach den Maßgaben des EEG vergütet werden soll. Nach bisheriger Gesetzeslage soll die Pflicht ab 1. Juli 2010 gelten.

Eine Verschiebung sei "unvermeidbar", sagte Schumacher und verwies darauf, dass alle Beteiligten "Neuland" betreten würden und zudem die nötigen Durchführungsbestimmungen erst "in letzer Minute" erhalten hätten. Die Wirtschaft habe sich zwar darauf vorbereitet, die Ernte 2010 als nachhaltig zu zertifizieren. Es sei jedoch zu "Engpässen" gekommen, da bis vor kurzem nicht klar gewesen sei, wie und wer zertifiziert werden solle.

Die Zertifizierung sei in Folge dessen "schwer angelaufen", sagte Schumacher und verwies darauf, dass es nur elf anerkannte Zertifizierer gebe, die begrenzt Personal zur Verfügung hätten. "Nur wenn es zu einer Verschiebung kommt, wird es möglich sein, nachhaltig zertifizierte Biomasse zur Aufrechterhaltung der bisherigen Biomenge für die Märkte zu beschaffen", schätzte Schumacher ein.

Für die Zertifizierungswirtschaft sei angesichts von 1.500 Unternehmen im Erfassungssektor, 250 Ölmühlen und etwa 4.500 landwirtschaftlichen Betrieben, die stichprobenartig untersucht werden, auch der 1. Januar 2011 ein "ambitioniertes Ziel", sagte Peter Jürgens von der REDcert GmbH, einer Gesellschaft zur Zertifizierung nachhaltig erzeugter Biomasse.

Es werde alles unternommen, um dies umzusetzen, sagte er. Es gehe dabei jedoch nicht allein um eine Fristeinhaltung, sondern um eine "sorgfältige und mit der gebotenen Ernsthaftigkeit" vorzunehmende Zertifizierung, um Akzeptanz auf Seiten der Anwender zu schaffen. Das Verfahren dürfe keine "Formalnummer" werden, forderte Jürgens.

Gegen die geplante Verschiebung sprach sich Martina Fleckenstein von der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland aus. Es wäre, sagte Fleckenstein, schon die zweite Verschiebung, da das EEG ursprünglich zum 1. Januar 2010 in Kraft treten sollte. "Unsere Befürchtung ist, dass wir im November wieder hier sitzen und über eine weitere Verschiebung diskutieren", sagte sie.

Es sei aus ihrer Sicht auch nicht nachvollziehbar, warum die Industrie sich so überrascht von den Zertifizierungsbemühungen gebe. Es sei doch schon 2006 von der Politik die Initiative ergriffen und ein "sehr gutes Zertifizierungssystem entwickelt worden", welches seit Januar 2010 anerkannt sei.

Auf die Situation der "kleinen dezentralen Ölmühlen" in Deutschland ging Thomas Kaiser vom Institut für Energie- und Umwelttechnik ein. In den letzten Jahren seien 300 von ihnen aufgebaut worden. Sie seien ein Stützelement der Landwirtschaft.

Nur eine davon sei bisher zertifiziert, sagte Kaiser. Ohnehin rufe bei den Beteiligten der Gedanke, Ölmühlen, die ohne jede Chemie arbeiten würden, einer Zertifizierung zu unterziehen, "Kopfschütteln" hervor. Kaiser plädierte daher für eine "Verschiebung oder eine Sonderstellung". "Wir erwürgen sonst die kleinen Ölmühlen", warnte er. Dies wäre schade, weil sie künftig "dringend gebraucht würden". (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen