Englisch als Gerichtssprache?


Mehrheit der Experten für englischsprachige Kammern für internationale Handelssachen
These: Wenn das Grundgesetz auf Deutsch sei, sei es befremdlich, wenn eine Gerichtsverhandlung auf Englisch abgehalten würde


(17.11.11) - Die Mehrheit der eingeladenen Sachverständigen teilt die Meinung des Bundesrates (17/2163), der bei deutschen Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichten will. Bei denen soll das Verfahren dann in englischer Sprache ablaufen. Das zeigte sich bei einer Anhörung des Ausschusses.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) begrüßte die Initiative. Seine Vertreterin, Julia Hoecht, sagte, dass englischsprachige Verfahren vielleicht künftig möglich wären, nehme der BDI positiv auf. Die Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen könnte die Attraktivität des Justizstandstandorts Deutschland steigern und es ausländischen Vertragspartnern erschweren, Sprachprobleme als Argument gegen den deutschen Gerichtsstandort anzuführen.

Professor Hanns Prütting, Direktor des Instituts für Verfahrensrecht der Universität in Köln, beurteilte den vorliegenden Entwurf ebenfalls positiv: Als ein für die allgemeine Rechtsentwicklung durch deutsche Gerichte ausgesendetes "wichtiges Signal" gegen die absolute Dominanz von Schiedsgerichten in internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten sei der vorliegende Entwurf nachdrücklich zu begrüßen.

Das Gesetz sollte umgehend verabschiedet und den interessierten Bundesländern die Chance zur Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen gegeben werden, vor denen auch auf Englisch prozessiert werden könne. Dieser Meinung war Professor Hanns-Christian Salger, Rechtsanwalt aus Frankfurt. Johannes Riedel, Präsident des Oberlandesgerichts Köln, sagte, die Grundtendenz des Entwurfes sei uneingeschränkt zu begrüßen. Brigitte Kamphausen, Vorsitzende Richterin am Landgericht Duisburg, plädierte ebenfalls dafür, Englisch an Kammern für internationale Handelssachen zuzulassen. Martin IIImer vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht aus Hamburg sagte, der Entwurf verfolge ein berechtigtes Anliegen und sei daher in seiner jetzigen Form an sich zu begrüßen. Er greife jedoch vom Grundansatz her zu kurz: Englisch sei als Verfahrenssprache auch in Schiedsgerichtsverfahren denkbar.

Englisch als Gerichtssprache bringe einer englischsprachigen Partei in einem Zivilprozess vor einem deutschen Gericht keinen nennenswerten Vorteil. Dieser Ansicht war Wolfgang Ball, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Die Gerichtssprache Englisch sei nur dann sinnvoll, wenn sie über den gesamten Instanzenweg gewährleistet wäre. Daran fehle es jedenfalls für die dritte und letzte Instanz. Und der ehemalige Lehrstuhlinhaber für Deutsches, Europäisches und Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Berliner Humboldt-Universität, Professor Axel Flessner, stellte der Gesetzentwurf massiv in Frage. Unter anderem warf er die These auf, wenn das Grundgesetz auf Deutsch sei, sei es befremdlich, wenn eine Gerichtsverhandlung auf Englisch abgehalten würde. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen