Umsetzung" der EU-Richtlinie zum Anlegerschutz


Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland: Experten rechnen mit Klagewelle gegen Anlegerentschädigungsgesetz
Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland begegnete dem Gesetzentwurf mit "großer Skepsis"


(27.04.09) - Unterschiedlich bewerten Experten das Vorhaben der Bundesregierung, den Anlegerschutz durch eine Erhöhung der Mindestdeckung für Einlagen zum 30. Juni 2009 von 20.000 auf 50.000 Euro zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung auf 100.000 Euro soll ab dem 31. Dezember 2010 erfolgen.

Damit gebe es eine "effiziente Umsetzung" der EU-Richtlinie zum Anlegerschutz, erklärte der Zentrale Kreditausschuss in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (16/12255, 16/12599). Außerdem ging es um die von der FDP-Fraktion in einem Antrag (16/11458) geforderte grundsätzliche Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland.

Professor Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanz Zentrum erklärte, bei dem Gesetzentwurf handele es sich um die im Moment genau richtige Maßnahme. Er begrüßte, dass jetzt mehr Wert auf die Früherkennung von Risiken gelegt werde. Einlagensicherung und Anlegerentschädigung hätten einen hohen Stellenwert bei den Bürgern. Dank der frühzeitigen Garantien der Bundesregierung seien Panikreaktionen der Sparer ausgeblieben. "Die Bundesregierung hat damit erfolgreich einen realen Stresstest der deutschen Einlagensicherungssysteme der Kreditwirtschaft verhindert", so Gerke in seiner schriftlichen Stellungnahme. Auf Nachfragen ergänzte der Experte, dass er sich in Boom-Phasen ein anderes Gesetz gewünscht hätte. So wie der Entwurf jetzt sei, werde das Einlagensicherungssystem im Krisenfall überfordert sein.

Auch von der Bundesanstalt Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hieß es, man könne sich eine andere Entschädigungseinrichtung vorstellen.

Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland begegnete dem Gesetzentwurf mit "großer Skepsis". Strukturelle Defizite beim System der Entschädigungseinrichtungen seien nicht beseitigt worden, sagte Verbandsvertreter Klaus Köhler mit Blick auf den Entschädigungsfall "Phoenix Kapitaldienst".

Dadurch muss die Entschädigungseinrichtung deutscher Wertapapierhandelsunternehmen (EdW) hohe Entschädigungszahlungen an Anleger leisten. Um das finanzielle Fundament der EdW zu halten, soll die Zahl der EdW-Mitglieder durch den Gesetzentwurf stabilisiert werden. Damit soll der Entschädigungseinrichtung genug Geld zufließen. Köhler zeigte sich überzeugt, dass es gelingen werde, dieses Gesetz durch Klagen zu kippen. Die Neuregelung führe nicht zu funktionierenden Entschädigungseinrichtungen. "Dem Einleger wird Scheinsicherheit simuliert", sagte Köhler, der von einem "rundum misslungenen Gesetzentwurf" sprach. Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung rechnet mit Klagen, falls das Gesetz so beschlossen werden sollte.

Genau so äußerte sich der Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen. Die EdW bleibe auch in Zukunft "finanziell eklatant nicht tragfähig". Die EdW habe im letzten Jahr ein Beitragsaufkommen von 3 Millionen Euro gehabt, müsse aber in den kommenden Jahren jährlich 27 Millionen Euro aufbringen. "Ein solches Vorhaben ist ökonomisch völlig unrealistisch", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Auch der Bundesrat habe darauf hingewiesen, dass die Zahl der EdW-Mitglieder viel zu gering sei.

Dem widersprach Rechtsanwalt Reinfried Fischer (Kanzlei WilmerHale). Das deutsche Einlagensicherungssystem habe sich im Grundsatz bewährt. Der noch ungelöste Fall "Phoenix" beruhe einerseits auf Betrug und andererseits auf einem erheblichen Aufsichtsversagen. "Diese Sondersituation ergibt daher keinen Anlass, dass deutsche System der Einlagensicherheit in Frage zu stellen." Fischer bestritt in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die Zahl der der EdW zugeordneten Institute zu gering sei. Mit über 700 zugeordneten Instituten gehöre die EdW zu den mitgliederstarken Entschädigungseinrichtungen.

Professor Jochen Bigus (Universität Bern) schlug eine verpflichtende Vertrauensschadenversicherung vor, um Vermögensschäden, die durch unerlaubte Handlungen der Geschäftsleiter vorsätzlich verursacht werden, zu versichern. (Deutscher Bundestag: ra)


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