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Erstellung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses


Kein Anspruch auf Arbeitszeugnis ohne Silbentrennung
Beanstandete Silbentrennung stelle überhaupt keinen Mangel dar

(20.05.15) - Mit einem Sachverhalt aus dem Kuriositätenkabinett durfte sich nach Ansicht des Agad - Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 27.11.2014 beschäftigen. Das Arbeitsverhältnis mit der klagenden Verwaltungsangestellten und Schulsekretärin hatte nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung wegen Schließung der Schule durch gerichtlichen Vergleich geendet. In dem Vergleich hatte sich der Arbeitgeber zur Erstellung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses verpflichtet. Dazu hatte der Prozessbevollmächtigte der Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber einen entsprechenden Text übersandt. Diesen ohne Silbentrennung linksbündig abgesetzten Text hatte der Arbeitgeber in den Blocksatz formatiert und die Funktion Silbentrennung aktiviert. Hierin sah die klagende Schulsekretärin eine Benachteiligung.

"Es ist sehr zu begrüßen, dass beide Instanzen dem wenig nachvollziehbaren Ansinnen der Klägerin mit deutlichen Worten begegnet sind. Ein Zeugnis muss inhaltlich richtig und in gehöriger Form abgefasst sein. Es stellt keine Urkunde zur "Ordensverleihung" dar", erklärt Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des Agad.

Die Trennung "Korrespondenz" am Ende der letzten Zeile auf Seite 1 des erteilten Zeugnisses verstoße nach Ansicht der Klägerin gegen das Gebot der Silbentrennung über mehrere Textseiten hinaus, so wie es bei der Redaktion eines Textes durch einen Lektor auch beanstandet würde. Auch eine Trennung von mehreren Worten innerhalb eines Absatzes werde in der redaktionellen Praxis beanstandet und signalisiere mangelnde germanistische Qualität.

Dabei sei nach Auffassung des LAG zu beachten, dass ein – unterstellt – leicht negativer Eindruck der Zeugnisform im vorliegenden Fall wohl kaum einen Schatten auf das berufliche Können der Klägerin werfen dürfte. Wie im Zeugnis dokumentiert, endete das Arbeitsverhältnis wegen Einstellung des Betriebs der Schule, in der die Klägerin beschäftigt gewesen sei. Ein unbefangener Zeugnisleser würde also eine – unterstellt – kleine Unvollkommenheit wie die der vorgenommenen Silbentrennung zwanglos dem Umstand zuschreiben, dass das mit entsprechender Expertise ausgestattete Verwaltungspersonal vor Ort betriebsbedingt ausgeschieden sei. Im Übrigen teilte die Kammer die vom Arbeitsgericht Düsseldorf (19.12.1984 – 6 Ca 5682/84 –) vertretene Auffassung, dass von Arbeitgebern oft genug – zurecht – verlangt wird, kleine nicht ins Gewicht fallende Unvollkommenheiten ihrer Arbeitnehmer schlicht hinzunehmen, und dass dies dann aber auch umgekehrt gelten müsse.

Schließlich argumentiert die Kammer des LAG auch noch damit, dass die beanstandete Silbentrennung überhaupt keinen Mangel darstelle und führt dafür sowohl Forumszitate aus dem Internet als auch Zitate aus dem Buch "Der kleine König Dezember" an. (Agad: ra)

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