Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Grundlage für Einhaltung von Mobilfunkstandards


Kartellrecht: Europäische Kommission übermittelt Samsung Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen möglichen Patentmissbrauchs auf dem Mobiltelefonmarkt
Normenorganisationen verlangen in der Regel von ihren Mitgliedern, dass diese für ihre Patente, die die Normenorganisationen als unerlässlich für Standards erklärt haben, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen erteilen


(17.01.13) - Die Europäische Kommission hat Samsung darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie nach einer ersten Prüfung des Sachverhalts zu der vorläufigen Auffassung gelangt ist, dass es sich bei den einstweiligen Verfügungen, die Samsung in mehreren Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihrer für die Einhaltung von Mobilfunkstandards unerlässlichen Patente (sogenannte "standard-essential patents" – SEPs) gegen Apple beantragt hat, möglicherweise um einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung handelt, der nach EU-Wettbewerbsrecht verboten ist. Während im Falle von Patentverletzungen Unterlassungsanordnungen durchaus eine mögliche Abhilfemaßnahme sind, kann ein solches Vorgehen auch eine missbräuchliche Verhaltensweise darstellen, wenn es um SEPs geht und der potenzielle Lizenznehmer bereit ist, eine Lizenz zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen (sogenannte FRAND-Bedingungen) auszuhandeln.

Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem endgültigen Ergebnis des Verfahrens nicht vor.

"Die Rechte des geistigen Eigentums sind ein Eckpfeiler des Binnenmarktes", so der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia. "Diese Rechte dürfen nicht missbraucht werden, wenn diese für die Umsetzung von Industriestandards unerlässlich sind, die für Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen bedeutsam sind. Wenn Unternehmen ihre Patente in einen Industriestandard eingebracht und sich verpflichtet haben, im Gegenzug die Lizenzen zu fairen Entgelten zu erteilen, kann die Beantragung einer einstweiligen Verfügung wettbewerbswidrig sein."

Normenorganisationen verlangen in der Regel von ihren Mitgliedern, dass diese für ihre Patente, die die Normenorganisationen als unerlässlich für Standards erklärt haben, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen erteilen. Mit einer solchen Verpflichtung soll sichergestellt werden, dass alle Marktteilnehmer Zugang zu einem Standard haben, und eine Blockierung (sogenanntes "Hold-up") durch einen einzelnen SEP-Inhaber verhindert wird. Zugang zu solchen Patenten, die unerlässlich für Standards sind, ist eine Voraussetzung für jedes Unternehmen, kompatible Produkte auf dem Markt zu verkaufen. Gleichzeitig ist gewährleistet, dass SEP-Inhaber eine faire Vergütung für ihr geistiges Eigentum erhalten.

Die fraglichen SEPs von Samsung beziehen sich auf den UMTS-Mobilfunkstandard 3G des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (European Telecommunications Standardisation Institute – ETSI), einen zentralen Industriestandard für mobile und drahtlose Telekommunikationsdienste. Als dieser Standard in Europa eingeführt wurde, verpflichtete sich Samsung, die Lizenzen für die Patente, die der Konzern als für den Standard unerlässlich erklärt hatte, zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. 2011 begann Samsung jedoch, vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Unterlassungsverfügungen gegen Apple wegen angeblicher Patentverletzungen in Verbindung mit bestimmten seiner SEPs für UMTS/3G zu beantragen.

In der heute erlassenen Mitteilung der Beschwerdepunkte legt die Kommission ihre vorläufige Auffassung dar, dass in Anbetracht des spezifischen Sachverhalts in diesem Fall, bei dem Samsung zugesagt hat, die SEP-Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, und der potenzielle Lizenznehmer (hier Apple) sich in Bezug auf eine FRAND-Lizenz für die SEP verhandlungsbereit gezeigt hat, ein Antrag auf einstweilige Verfügung dem Wettbewerb abträglich ist. Da Unterlassungsanordnungen im allgemeinen ein Verkaufsverbot des Produktes, welches das Patent verletzt hat, mit sich bringen, besteht bei einer Regressklage die Gefahr, dass Produkte ohne Grund vom Markt ausgeschlossen werden und die Lizenzverhandlungen ungerechtfertigterweise zugunsten des SEP-Inhabers ausfallen. Die vorläufige Auffassung, die die Kommission in der heutigen Mitteilung der Beschwerdepunkte vertritt, stellt nicht die Möglichkeit in Frage, dass SEP-Inhaber im Falle einer anderen Sachlage, z. B. bei nicht verhandlungswilligen Lizenznehmern, einstweilige Verfügungen beantragen können. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Forderungen nach mehr Flexibilität

    Die Europäische Kommission hat offiziell eine Verordnung angenommen, mit der europäischen Landwirtinnen und Landwirten eine teilweise Ausnahme von der Konditionalitätsregelung für brachliegende Flächen gewährt wird. Dem vorangegangen waren der Vorschlag der Kommission vom 31. Januar sowie Gespräche mit den Mitgliedstaaten in Ausschusssitzungen.

  • Verwaltungsaufwand für Landwirte begrenzen

    Die Europäische Kommission hat dem belgischen Ratsvorsitz ein Papier übermittelt, in dem erste mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Schultern der Landwirte dargelegt werden. Das Dokument enthält eine Reihe kurz- und mittelfristiger Maßnahmen, die zur Vereinfachung ergriffen werden können

  • Wegweisendes Regelwerk der EU

    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

  • Untersuchung betrifft mutmaßliche Mängel

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Transparenz der Werbung, Datenzugang für Forschende sowie Risikomanagement in Bezug auf suchterzeugendes Design und schädliche Inhalte möglicherweise gegen das Gesetz über digitale Dienste verstoßen hat.

  • Influencer-Posts in sozialen Medien

    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen