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Fragen und Antworten: Solvabilität II


Vorschlag zur Änderung der Richtlinie "Solvabilität II" und Vorschlag für eine neue Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen
Solvency II: Warum ist eine Überprüfung der EU-Vorschriften über Versicherungen und Rückversicherungen erforderlich?



Gemäß der Richtlinie "Solvabilität II" (Richtlinie 2009/138/EG) ist die Europäische Kommission verpflichtet, die EU-Vorschriften über Versicherungen und Rückversicherungen (d. h. Versicherungen für Versicherungsunternehmen) zu überprüfen. Ungeachtet dieser rechtlichen Verpflichtung bietet die Überprüfung Gelegenheit, die Erkenntnisse aus den ersten Jahren der Anwendung der genannten Vorschriften, in die auch die COVID-19-Krise fiel, eingehender zu betrachten. Da auf den (Rück-)Versicherungssektor (Versicherung und Rückversicherung) ein erhebliches Anlagevolumen entfällt, könnte er einen erheblichen Beitrag zur Erholung Europas von der COVID-19-Pandemie, zur Vollendung der Kapitalmarktunion und zum europäischen Grünen Deal leisten.

Hat sich die COVID-19-Krise auf den Versicherungssektor ausgewirkt?
Insgesamt wurde die Finanzlage der Versicherer durch die COVID-19-Krise nicht wesentlich in Mitleidenschaft gezogen, und trotz operativer Herausforderungen waren in dem Sektor keine größeren Störungen festzustellen. Insbesondere war die Kapitalausstattung des Sektors gemäß den Daten der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) mit einem durchschnittlichen Solvabilitätskoeffizienten von 235 Prozent Ende 2020 nach wie vor gut. Zwar liegt dieser Koeffizient um sieben Prozentpunkte unter seinem Stand von Ende 2019, aber er bleibt deutlich über dem aufsichtsrechtlichen Minimum von 100 Prozent.

Warum überprüfen wir die Richtlinie Solvabilität II?
Ziel der aktuellen Überprüfung ist es, den Beitrag der europäischen Versicherer zur Finanzierung der Erholung zu steigern, Fortschritte bei der Verwirklichung der Kapitalmarktunion zu erzielen und Mittel für den europäischen Grünen Deal zu mobilisieren.

Die jüngsten Erfahrungen haben gezeigt, dass sich das Risikomanagement der Versicherer in den ersten Jahren der Anwendung der Solvabilität-II-Vorschriften verbessert hat. Die COVID-19-Krise hat jedoch auch deutlich gemacht, dass das Risiko anhaltend niedriger Zinssätze ernst genommen werden muss. Bei der Überprüfung hat die Kommission unter anderem das Ziel verfolgt, diesem Risiko zu begegnen.

Solvabilität II ist ein sehr ausgefeiltes Regelwerk, das bei kleineren und weniger komplexen (Rück-)Versicherern in verhältnismäßiger Weise angewandt werden muss. Da der derzeit in Solvabilität II verankerte allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat, sind konkretere Regeln erforderlich, um sicherzustellen, dass die Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung der Vorschriften eine größere Rolle spielt.

Die COVID-19-Krise hat auch gezeigt, dass die zur Bewältigung wirtschaftlicher Notlagen zur Verfügung stehenden Aufsichts- und Krisenbewältigungsinstrumente verbessert werden sollten, um Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems auszuräumen.

Was sind die nächsten Schritte?
Das Europäische Parlament und der Rat werden nun die Vorschläge der Kommission erörtern. Parallel dazu wird die Kommission mit der Arbeit an delegierten Rechtsakten, die die geänderte Richtlinie "Solvabilität II"ergänzen werden, beginnen. In der Mitteilung werden bereits die diesbezüglichen Pläne der Kommission dargelegt.

1. Vorschlag zur Änderung der Richtlinie "Solvabilität II"

Worum geht es bei der Überprüfung?
>> Die Änderungen werden zu einem besseren Schutz der Verbraucher beitragen und sicherstellen, dass die Stabilität der Versicherungsunternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gewahrt wird.
>> Die Verbraucher (Versicherungsnehmer) werden besser über die finanzielle Lage ihres Versicherers informiert.
>> Dank einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden werden die Verbraucher beim Erwerb von Versicherungsprodukten in anderen Mitgliedstaaten besser geschützt.
>> Versicherer werden Anreize erhalten, verstärkt in langfristiges Kapital für die Wirtschaft zu investieren.
>> Die Finanzkraft der Versicherer wird bestimmten Risiken, auch im Zusammenhang mit dem Klima, besser Rechnung tragen und weniger empfindlich auf kurzfristige Marktschwankungen reagieren.
>> Der gesamte Sektor wird einer verbesserten Prüfung unterzogen, um zu verhindern, dass seine Stabilität in Gefahr gerät.

Wie wird sich die Reform letztlich auf die für (Rück-)Versicherer geltenden Eigenkapitalanforderungen auswirken?
Insgesamt besteht das Ziel darin, eine ausgewogene Überarbeitung zu erreichen und EU-weit eine Verschlechterung der Solvabilitätsposition der Versicherer zu vermeiden. Insgesamt strengere Eigenkapitalanforderungen sind angesichts der bereits recht soliden Lage des Versicherungssektors in Europa nicht erforderlich.

Die Änderungen, mit denen bestimmte Eigenkapitalanforderungen verschärft werden, sollen schrittweise bis 2032 umgesetzt werden. Die Kommission schätzt, dass EU-weit kurzfristig bis zu 90 Mrd. EUR an Kapital freigesetzt werden könnten.

Bestimmte (Rück-)Versicherer oder Märkte werden jedoch möglicherweise mit einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen konfrontiert sein. Durch eine schrittweise Einführung strengerer Eigenkapitalanforderungen soll den (Rück-)Versicherern die rechtzeitige Vorbereitung auf die neuen Vorschriften erleichtert werden.

Je nach Lage an den Finanzmärkten schätzt die Kommission, dass EU-weit langfristig bis zu 30 Mrd. EUR an Kapital freigesetzt werden könnten. Dies dürfte es den Versicherern auch ermöglichen, einen größeren Beitrag zur Finanzierung der wirtschaftlichen Erholung zu leisten.

Wird die Reform die wirtschaftliche Erholung stützen?
Durch die Änderungen der Solvabilität-II-Vorschriften werden langfristig EU-weit insgesamt strengere Eigenkapitalanforderungen im (Rück-)Versicherungssektor vermieden. Kurzfristig könnte aufgrund der schrittweisen Einführung bestimmter Vorschriften EU-weit Kapital von schätzungsweise bis zu 90 Mrd. EUR freigesetzt werden. Diese erhebliche Freisetzung von Kapital wird den (Rück-)Versicherern helfen, als private Anleger einen größeren Beitrag zur Erholung von der COVID-19-Pandemie zu leisten.

Inwiefern wird dieses Paket zur Kapitalmarktunion beitragen?
Im Aktionsplan für die Kapitalmarktunion von 2020 hat die Kommission zugesagt, "Solvabilität II" zu ändern, um langfristige Anlagen zu fördern, ohne dass die Finanzstabilität und der Schutz der Versicherungsnehmer beeinträchtigt werden. Im Aktionsplan sind die Kriterien für die Anrechnungsfähigkeit der Anlageklasse "langfristige Beteiligungen", die Berechnung der Risikomarge und die Bewertung der Verbindlichkeiten von Versicherern aufgeführt. Mit dem vorgelegten Paket kommt die Kommission diesen Zusagen nach. Wir wollen sowohl unerwünschtes prozyklisches Verhalten vermeiden als auch der Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts besser Rechnung tragen.

Erstens ändert die Kommission die langfristigen Garantiemaßnahmen, insbesondere die Volatilitätsanpassung. Dadurch wird sich – insbesondere in Krisensituationen – die Abmilderung der Auswirkungen kurzfristiger Marktschwankungen durch den Rahmen verbessern. Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission, im Rahmen der bevorstehenden Überarbeitung des Delegierten Rechtsakts zu Solvabilität II Änderungen an der Anlageklasse "langfristige Beteiligungen" vorzunehmen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Versicherer bei Beteiligungsinvestitionen leichter von einer günstigeren Behandlung profitieren können. Ebenfalls im Rahmen der anstehenden Änderungen des Delegierten Rechtsakts plant die Kommission schließlich, sowohl die Höhe als auch die Volatilität der Risikomarge zu verringern.

Welche Anreize erhalten Versicherer, in Eigenkapital zu investieren?
Da der Versicherungssektor Vermögenswerte in Höhe von vielen Billionen Euro verwaltet, ist er nach wie vor ein Grundpfeiler der europäischen Finanzindustrie. Aufgrund der Langfristigkeit ihrer Verbindlichkeiten können Versicherungsunternehmen der Wirtschaft langfristig Kapital zur Verfügung stellen. Wir stellen jedoch fest, dass der Umfang der getätigten langfristigen Beteiligungsinvestitionen in den vergangenen 20 Jahren rückläufig gewesen ist. Mit dem vorgelegten Paket werden unangemessene Negativanreize für Investitionen in langfristige Beteiligungen beseitigt.

Erstens werden wir im Rahmen der bevorstehenden Überarbeitung des Delegierten Rechtsakts zu Solvabilität II Änderungen an den Kriterien für die Anrechnungsfähigkeit der bestehenden Anlageklasse "langfristige Beteiligungen" vornehmen. Ziel ist es, dass die Versicherer bei der Bereitstellung langfristigen Kapitals für die Wirtschaft leichter von einer günstigeren Behandlung profitieren können. Bei einem vorsichtigen Szenario, bei dem davon ausgegangen wird, dass nur 15 Prozent der zusätzlichen Beteiligungen als langfristig eingestuft werden, würde sich die Verringerung der Eigenkapitalanforderungen auf rund 10,5 Mrd. EUR belaufen. Dies entspräche einem Rückgang um mehr als 6 Prozent gegenüber dem für die Versicherer derzeit geltenden Niveau. Dieses Geld kann weiter in die Wirtschaft investiert werden.

Darüber hinaus wird die Höhe der Kapitalanforderung für andere Arten von Eigenkapitalinvestitionen in Abhängigkeit von der Entwicklung der Aktienmärkte angepasst, sodass es für Versicherer günstiger wird, in Eigenkapital zu investieren, wenn die Aktienmärkte einbrechen. Dadurch werden die Anreize für prozyklisches Verhalten verringert.

Zweitens wird durch den Kommissionsvorschlag der Rahmen dahin gehend geändert, dass kurzfristige Marktschwankungen die Solvabilitätsposition der Versicherer nicht übermäßig beeinträchtigen. Insbesondere verbessern wir die Funktionsweise der Volatilitätsanpassung. Dadurch wird ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Abmilderung der Auswirkungen kurzfristiger Marktschwankungen erhöht.

Wir werden weitere Teile des Rahmens im Delegierten Rechtsakt überarbeiten, beispielsweise die Risikomarge. Dadurch wird die Sensitivität der Bilanz der Versicherer gegenüber kurzfristigen Marktturbulenzen verringert und damit der Langfristigkeit des Versicherungsgeschäfts besser Rechnung getragen.

Was bedeutet der Vorschlag für kleinere Versicherer?
Der Vorschlag sieht eine erhebliche Anhebung der Schwellenwerte vor, die für den Anwendungsbereich der Richtlinie ausschlaggebend sind. Das bedeutet, dass kleinere Versicherer vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden und unter nationale Regelungen fallen. Für kleinere Unternehmen, die nicht den Solvabilität-II-Vorschriften unterliegen wollen, dürfte die Einhaltung des EU-Rechts daher mit geringeren Kosten verbunden sein.

Darüber hinaus wird zur Vereinfachung der Vorschriften für kleine und weniger komplexe Versicherer eine neue Kategorie der (Rück-)Versicherer mit niedrigem Risikoprofil eingeführt. Die neue Kategorie basiert auf klaren und transparenten Kriterien. Versicherer dieser Kategorie werden von weniger strengen und verhältnismäßigeren Vorschriften profitieren. Andere Versicherer können mit vorheriger Zustimmung der Aufsichtsbehörden nach wie vor Verhältnismäßigkeitsmaßnahmen in Anspruch nehmen.

Wie trägt die Reform zum europäischen Grünen Deal bei?
Die Reform wird das Klimarisikomanagement der (Rück-)Versicherer dadurch stärken, dass eine langfristige Klimaszenarioanalyse vorgeschrieben wird. Bei dieser Analyse werden Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel berücksichtigt, die bei der Berechnung der Eigenkapitalanforderungen möglicherweise nicht immer erfasst werden.

Darüber hinaus wird die EIOPA zentralisierte Klimastresstests im (Rück-)Versicherungssektor durchführen, und die Kommission wird einen Dialog zum Thema Klimaresilienz einleiten und Möglichkeiten prüfen, wie die Erhebung von Daten über versicherte Schäden verbessert werden kann.

Mit der Reform werden ferner die beiden folgenden Mandate für die EIOPA festgelegt:
>> Überprüfung neuer Erkenntnisse über ökologisch oder sozial schädliche Investitionen mit Blick auf mögliche Änderungen der Solvabilität-II-Standardformel und Erstellung eines Berichts bis spätestens 2023;
>> regelmäßige Überprüfung der Erkenntnisse über Tendenzen bei der Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophen und der Exposition von (Rück-)Versicherern in der EU gegenüber solchen Katastrophen mit Blick auf mögliche Änderungen der der im Rahmen der Solvabilität-II-Standardformel vorgesehenen Module für das Katastrophenrisiko.

Geht die Reform auf potenzielle Systemrisiken im (Rück-)Versicherungssektor ein?
Der Solvabilität-II-Rahmen basiert auf soliden aufsichtsrechtlichen Anforderungen zur Wahrung des Schutzes der Versicherungsnehmer und der Finanzstabilität, die sich auf die Beaufsichtigung einzelner (Rück-)Versicherungsunternehmen konzentrieren. Um die Entstehung etwaiger Risiken für die Finanzstabilität noch wirksamer zu verhindern, werden jedoch einige gezielte Verbesserungen eingeführt.

Durch die Entwicklung gezielter makroprudenzieller Vorschriften werden unnötige Kosten, die der (Rück-)Versicherungsbranche im Zusammenhang mit der Tätigung langfristiger Investitionen entstehen, vermieden. Die Vorschriften stellen sicher, dass Unternehmen auch weiterhin langfristige Dienstleistungen für Versicherungsnehmer erbringen können, und ermöglichen es den Behörden, unverzüglich etwaige Ursachen für Systemrisiken festzustellen, die sich aus (Rück-)Versicherungstätigkeiten ergeben könnten. Darüber hinaus stehen die neuen Instrumente im Einklang mit den internationalen Standards für Systemrisiken, die von der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden entwickelt wurden.

Diese gezielten Verbesserungen von Solvabilität II werden durch die parallele Einführung eines neuen Rahmens für das Krisenmanagement verstärkt.

Wie bewirken die Änderungen einheitlichere Wettbewerbsbedingungen für in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Versicherungsgruppen?

Viele (Rück-)Versicherungsgruppen sind in mehreren Mitgliedstaaten tätig. Die Einführung einer harmonisierten Sanierungs- und Abwicklungsregelung wird weiter zur Gewährleistung eines soliden und harmonisierten Aufsichtskonzepts beitragen. Unter anderem werden Klarstellungen hinsichtlich der Unternehmen vorgenommen, die in die Gruppenaufsicht einbezogen werden sollten, insbesondere in Bezug auf Holdinggesellschaften, sowie hinsichtlich der Befugnisse der Aufsichtsbehörden bei der Festlegung des Umfangs einer (Rück-)Versicherungsgruppe. Ebenso wird in den Vorschriften eingehender dargelegt, wie die auf Unternehmensebene festgelegten Anforderungen auf Ebene der (Rück-)Versicherungsgruppe angewandt werden können, u. a. in Bezug auf die Risiken, die von Tochterunternehmen aus Drittländern ausgehen.

Schließlich werden in den Vorschriften die Befugnisse und Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden in Bezug auf Gruppen, die zwar im EWR tätig sind, deren Muttergesellschaft jedoch ihren Sitz in einem Drittland hat, genauer festgelegt, damit alle Versicherungsnehmer in Europa unabhängig vom Sitz der Gruppe gleichermaßen geschützt sind.

Durch die Präzisierung des EU-Regelwerks für die Gruppenaufsicht werden diese aktualisierten Vorschriften den Schutz der Versicherungsnehmer verbessern, zu einer stärkeren aufsichtlichen Konvergenz in Europa beitragen, einheitlichere Wettbewerbsbedingungen für Versicherungsgruppen bewirken und damit den Binnenmarkt für Versicherungsdienstleistungen stärken.

Vorschlag für die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen

Warum schlägt die Kommission einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von (Rück-)Versicherern vor?
Versicherungspolicen sind für das tägliche Leben der europäischen Bürgerinnen und Bürger und für die europäischen Unternehmen von zentraler Bedeutung. Dies gilt auch für versicherungsbasierte Sparprodukte, die für den langfristigen Wohlstand ihrer Inhaber von großer Bedeutung sind.

Ein ungeordneter Ausfall von (Rück-)Versicherern kann daher erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer, Begünstigten, geschädigten Dritten oder betroffenen Unternehmen haben und in bestimmten Fällen auch die finanzielle Instabilität verstärken.

Der vorgelegte Vorschlag wird dem Fehlen harmonisierter Verfahren auf europäischer Ebene – insbesondere in einem grenzüberschreitenden Kontext – für die Abwicklung von (Rück-)Versicherern entgegenwirken und dazu beitragen, dass (Rück-)Versicherer und Behörden besser auf finanzielle Stresssituationen vorbereitet sind.

Welche Ziele werden mit dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von (Rück-)Versicherern verfolgt?
Mit dem vorgelegten Vorschlag wird sichergestellt, dass (Rück-)Versicherer und Behörden über die erforderlichen Mittel verfügen, um – auch über Grenzen hinweg – möglichst frühzeitig und schnell auf Krisensituationen reagieren zu können, um die Versicherungsnehmer zu schützen und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Wirtschaft, das Finanzsystem und die Steuerzahler so gering wie möglich zu halten. Dieser Vorschlag stützt sich auf die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und die Verordnung über die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien, trägt jedoch den Besonderheiten der (Rück-)Versicherungstätigkeiten und dem diesbezüglichen Aufsichtsrahmen Rechnung.

Warum gerade jetzt?
Obwohl die Richtlinie "Solvabilität II" dazu beigetragen hat, die Widerstandsfähigkeit der (Rück-)Versicherungsbranche in der EU zu verbessern, können finanzielle Stresssituationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Derzeit gibt es keine harmonisierten EU-Vorschriften, die beim Ausfall von Versicherungsunternehmen greifen. Daher ist es wichtig, möglichst schnell einen Rahmen für potenzielle Ausfälle von (Rück-)Versicherern zu schaffen. Dies wird die Widerstandsfähigkeit der (Rück-)Versicherungsbranche in der EU weiter verbessern.

Warum sind reguläre Insolvenzverfahren für Versicherer oft ungeeignet?
Bei regulären Insolvenzverfahren besteht das vorrangige Ziel darin, den Wert der Vermögenswerte des insolventen Unternehmens im Interesse der Gläubiger zu maximieren. Wenn jedoch die Erbringung von Versicherungsdienstleistungen eingestellt wird, kann es für die Versicherungsnehmer unter Umständen schwierig sein, ihren Schutz aufrechtzuerhalten und umgehend einen erschwinglichen Ersatz für die Versicherungsdienstleistungen und -produkte zu finden. Besonders problematisch ist dies bei Lebensversicherungen. Es kann auch viele Jahre dauern, bis ein Insolvenzverfahren abgeschlossen ist, was in der Zwischenzeit zu Unsicherheit, insbesondere in Bezug auf Rückerstattungen, führen kann. Dies hat wiederum negative Auswirkungen auf das Vertrauen. Darüber hinaus könnte die Insolvenz einer grenzüberschreitend tätigen Gruppe in einem Mitgliedstaat negative Folgen für andere Teile der Gruppe in anderen Ländern haben. Schließlich kann die Insolvenz eines (Rück-)Versicherers in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Umständen zu finanzieller Instabilität und/oder wirtschaftlichen Schäden führen oder diese weiter verstärken.

Demgegenüber besteht das vorrangige Ziel der Abwicklung darin, entschlossen – auch in grenzüberschreitenden Fällen – auf finanzielle Stresssituationen von (Rück-)Versicherern zu reagieren. Ziel ist es, wichtige Versicherungsfunktionen für die Versicherungsnehmer aufrechtzuerhalten und eine reibungslose Übertragung der Versicherungsportfolios sicherzustellen. Dabei werden im Hinblick auf die Aufteilung der Verluste auf Anteilseigner und Gläubiger ähnliche Ergebnisse wie bei regulären Insolvenzverfahren angestrebt.

Was sind die Kernelemente des Richtlinienvorschlags?
Der Vorschlag enthält ein umfassendes Paket von Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden soll, dass

>> in jedem Mitgliedstaat nationale Abwicklungsbehörden benannt werden. Dabei handelt es sich um nationale Zentralbanken, zuständige Ministerien, öffentliche Verwaltungsbehörden oder sonstige Behörden, denen Befugnisse der öffentlichen Verwaltung übertragen wurden;
>> präventive Instrumente und Befugnisse, die die bestehenden abgestuften Maßnahmen im Rahmen von Solvabilität II ergänzen, präzisiert werden, um zu gewährleisten, dass die nationalen Aufsichtsbehörden in der Lage sind, effizient auf eine sich verschlechternde Finanzlage von (Rück-)Versicherern oder die Nichteinhaltung regulatorischer Anforderungen durch (Rück-)Versicherer zu reagieren, ohne dass eine neue Interventionsschwelle eingeführt wird;
>> (Rück-)Versicherer und nationale Aufsichts- und Abwicklungsbehörden angemessen auf Krisen vorbereitet sind;
>> die nationalen Abwicklungsbehörden über harmonisierte Abwicklungsinstrumente und -befugnisse verfügen, um schnell wirksame Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Ausfall eines (Rück-)Versicherers nicht vermieden werden kann;
>> die nationalen Abwicklungsbehörden wirksam über Grenzen hinweg, auch mit Drittlandsbehörden, zusammenarbeiten.

Die wichtigsten Elemente des Vorschlags:
Der Rahmen wird vor allem auf Prävention und Vorbereitung beruhen. (Rück-)Versicherer werden (im Anwendungsbereich von Solvabilität II und in einem angemessenen Verhältnis zu den potenziellen Risiken) dazu verpflichtet, präventive Sanierungspläne zu erstellen, damit sie besser auf Stressszenarien vorbereitet sind und in solchen Situationen umgehend Abhilfemaßnahmen treffen können. Die Abwicklungsbehörden werden verpflichtet, Abwicklungspläne zu erstellen, in denen dargelegt wird, wie mit finanziellen Stresssituationen jeglicher Art umzugehen ist, die die vorhandenen Ressourcen eines (Rück-)Versicherers übersteigen würden. Wenn die Abwicklungsbehörden im Laufe des Planungsprozesses Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit feststellen, können sie von dem betreffenden (Rück-)Versicherer verlangen, geeignete Maßnahmen zur Vereinfachung seiner Struktur zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen mit den verfügbaren Instrumenten in einer Weise abgewickelt werden kann, die keine Kosten für die Steuerzahler verursacht.

Die Aufsichtsbehörden können frühzeitig eingreifen (um in wirksamer Weise auf eine Verschlechterung der Finanzlage oder die Nichteinhaltung regulatorischer Anforderungen zu reagieren und eine Zuspitzung der Probleme zu verhindern). Diese präventiven Befugnisse stehen im Einklang mit den abgestuften Maßnahmen im Rahmen von Solvabilität II und ergänzen diese.

Der Rahmen wird den nationalen Behörden Abwicklungsinstrumente an die Hand geben, mit denen die Auswirkungen des Ausfalls eines (Rück-)Versicherers auf das Wirtschafts- und Finanzsystem so gering wie möglich gehalten werden sollen. Die Instrumente werden die Kontinuität des Versicherungsschutzes für Versicherungsnehmer, Begünstigte und geschädigte Dritte gewährleisten und dafür sorgen, dass gegebenenfalls rentable Tätigkeiten und Portfolios des (Rück-)Versicherers übertragen werden, ohne dass ein Bail-out erforderlich ist, und dass Verluste auf faire und vorhersehbare Art und Weise verteilt werden.

Wie lässt sich der Sanierungs- und Abwicklungsrahmen der EU mit den in einigen Mitgliedstaaten geltenden Abwicklungsregelungen in Einklang bringen?
Einige Mitgliedstaaten verfügen bereits auf nationaler Ebene über Mechanismen zur Abwicklung ausfallender (Rück-)Versicherer (z. B. die Niederlande, Frankreich und Rumänien). Diese Regelungen verfolgen dieselben Ziele und sind im Allgemeinen mit dem vorgeschlagenen Rahmen vereinbar.

Der Richtlinienvorschlag sieht ein harmonisiertes Mindestpaket an Instrumenten und Befugnissen vor, sodass die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene zusätzliche Instrumente zur Krisenbewältigung einführen können, solange diese mit den im Vorschlag dargelegten Abwicklungszielen und -grundsätzen vereinbar sind.

Wie werden die nationalen Behörden zusammenarbeiten?
Da einige Versicherungsgruppen grenzüberschreitend und in einigen Fällen gar weltweit tätig sind, erfordert der Vorschlag eine angemessene Koordinierung der Abwicklungsmaßnahmen in einem grenzüberschreitenden Kontext, um die Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in allen betroffenen Mitgliedstaaten zu schützen und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Strenge Geheimhaltungspflichten müssen erfüllt werden.

Abwicklungskollegien werden unter der Leitung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und unter Beteiligung der EIOPA eingerichtet. Die EIOPA wird die Zusammenarbeit zwischen den Behörden erleichtern, zu Kohärenz beitragen und erforderlichenfalls vermitteln.

Was sind die wichtigsten Abwicklungsinstrumente?

Zu den wichtigsten Abwicklungsinstrumenten gehören:
>> Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten, Schuldtiteln und anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten (Bail-in). Damit soll sichergestellt werden, dass Verluste in erster Linie von den Anteilseignern und den allgemeinen Gläubigern getragen werden, und die Anwendung anderer Abwicklungsinstrumente wie Solvent Run-Off oder Übertragungsinstrumente (Unternehmensveräußerung, Brückenunternehmen oder Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten) erleichtert wird.

>> Solvent Run-Off, bei dem einem (Rück-)Versicherer untersagt wird, neue Versicherungs- oder Rückversicherungsverträge abzuschließen, um seine Tätigkeit auf die Verwaltung seines bestehenden Portfolios zu beschränken und somit die Deckung von Versicherungsansprüchen durch bestehende Vermögenswerte zu maximieren.

>> Unternehmensveräußerung, bei der die Geschäftstätigkeit eines (Rück-)Versicherers ganz oder teilweise zu Marktbedingungen verkauft werden kann, ohne dass die ansonsten geltenden Verfahrensvorschriften eingehalten werden müssen.

>> Brückenunternehmen, bei dem die Geschäftstätigkeit eines (Rück-)Versicherers ganz oder teilweise auf ein öffentlich kontrolliertes Unternehmen übertragen werden kann, das anschließend an einen privaten Käufer veräußert wird, wenn die Marktbedingungen dafür geeignet sind.

>> Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, bei der wertgeminderte oder problematische Vermögenswerte und/oder Verbindlichkeiten auf eine Zweckgesellschaft übertragen werden können, die diese dann verwaltet und mit der Zeit liquidiert. Um Wettbewerbsverfälschungen und "Moral-Hazard"-Risiken so gering wie möglich zu halten, sollte dieses Instrument nur in Verbindung mit anderen Abwicklungsinstrumenten eingesetzt werden.

Müssen die Versicherungsnehmer für die Rettung von (Rück-)Versicherern aufkommen?
Der Versicherungsnehmer – sei es ein Unternehmen oder eine Einzelperson – steht im Mittelpunkt des Handelns der EU im Versicherungsbereich. Der Abwicklungsrahmen ist nicht in erster Linie dafür bestimmt, (Rück-)Versicherer zu retten, sondern den Schutz der Versicherten zu maximieren, indem die Kontinuität ihres Versicherungsschutzes gewährleistet wird. Darüber hinaus werden wichtige Schutzmaßnahmen gelten, um sicherzustellen, dass alle Parteien fair behandelt werden. Insbesondere darf nach dem Grundsatz "keine Schlechterstellung von Gläubigern" kein Gläubiger, einschließlich der Versicherungsnehmer, bei einer Abwicklung schlechter gestellt werden als bei einem Insolvenzverfahren.

Welche Voraussetzungen gelten für die Einleitung eines Abwicklungsverfahrens?
Ein Versicherer oder Rückversicherer wird abgewickelt, wenn
>> er seine Mindestkapitalanforderungen nicht einhält oder wahrscheinlich nicht einhalten wird oder ihm mit großer Wahrscheinlichkeit eine bilanzielle oder eine Liquiditätsinsolvenz bevorsteht;
>> alle anderen Interventionsmaßnahmen (wie die in diesem Vorschlag vorgesehenen präventiven Maßnahmen oder die in der Richtlinie "Solvabilität II" dargelegten Sanierungsmaßnahmen) oder alle anderen Maßnahmen des privaten Sektors ausgeschöpft sind;
>> eine Liquidation des Unternehmens im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens die Gefahr einer anhaltenden finanziellen Instabilität oder eines schlechteren Ergebnisses für die Versicherungsnehmer bergen würde.
>> Die Einleitung des Abwicklungsverfahrens wird daher immer in zeitlicher Nähe zur Insolvenz erfolgen, wobei die Behörden über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, damit sie eingreifen können, bevor die mit der Abwicklung verfolgten Ziele nicht mehr erreicht werden können, weil nicht mehr genug Eigenkapital vorhanden ist.

Welche (Rück-)Versicherer würden unter die EU-Regelung fallen?
Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird ein Rahmen für das Krisenmanagement (d. h. präventive Befugnisse, präventive Sanierungsplanung und Abwicklungsregelung) für alle in der EU niedergelassenen (Rück-)Versicherer geschaffen, die dem Solvabilität-II-Rahmen unterliegen. Da der Ausfall eines einer Gruppe angehörenden Unternehmens die Solvenz und die Geschäftstätigkeit der gesamten Gruppe beeinträchtigen kann, wird darüber hinaus ein kohärenter Ansatz für Gruppen, insbesondere in einem grenzüberschreitenden Kontext, vorgeschlagen.

Sollten alle (Rück-)Versicherer präventive Sanierungspläne ausarbeiten und Abwicklungsplänen unterliegen?
Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten die Planungsanforderungen nicht für alle Unternehmen. In der vorgeschlagenen Richtlinie werden Kriterien festgelegt, die von den Aufsichts- und Abwicklungsbehörden bewertet werden. Die Behörden können auch vereinfachte Anforderungen an die Sanierungs- und Abwicklungsplanung anwenden. Damit jedoch EU-weit angemessene Vorkehrungen getroffen werden, sollten für (Rück-)Versicherer, die in einem Mitgliedstaat einen Marktanteil von mindestens 80 Prozent innehaben, Anforderungen bezüglich der präventiven Sanierungsplanung und für (Rück-)Versicherer mit einem Marktanteil von mindestens 70 Prozent Anforderungen bezüglich der Abwicklungsplanung gelten. Unternehmen mit geringem Risiko sind von diesen Planungsanforderungen ausgenommen.

Wird der Abwicklungsrahmen in der Lage sein, extremen wirtschaftlichen Notlagen zu begegnen?
In extremen wirtschaftlichen Notlagen kann die Abwicklung eines (Rück-)Versicherers dennoch die Anwendung spezifischer nationaler Regelungen erfordern, wie z. B. ein Sicherungssystem für Versicherungen oder gegebenenfalls ein Abwicklungsfonds oder – als letztes Mittel – eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, um zusätzliche Ressourcen für die Verlustabsorption und Restrukturierung bereitzustellen. Diese Elemente unterliegen den durch den Rahmen eingeführten Schutzmaßnahmen und den einschlägigen Beihilfevorschriften. In jedem Fall sollte das Instrument der Herabschreibung und Umwandlung angewandt werden, bevor eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gewährt wird, um den Grundsatz der Lastenteilung zu wahren, der jeder Abwicklungsregelung zugrunde liegt. Eine spezifische Anforderung zur Schaffung zusätzlicher interner Verlustabsorptionskapazitäten in Form von bail-in-fähigen Instrumenten, die (Rück-)Versicherer ausgeben und bedienen müssten, wurde als unverhältnismäßig angesehen und daher nicht vorgeschlagen.

Welche Rolle spielt die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA)?
Der vorgelegte Vorschlag stützt sich auf die vorbereitenden Arbeiten der EIOPA, insbesondere auf ihre Stellungnahme vom Juli 2017. Im Dezember 2020 veröffentlichte die EIOPA im Anschluss an das Beratungsersuchen der Kommission vom Februar 2019 eine zweite Stellungnahme zur Überarbeitung der Solvabilität-II-Richtlinie. Die EIOPA wird eine wichtige Koordinierungsrolle spielen, um die Konvergenz im Bereich der Prävention und Abwicklung zu stärken. Dies soll insbesondere durch ihre Beteiligung an Abwicklungskollegien und möglicherweise ihre Vermittlertätigkeit im Rahmen dieser Kollegien sowie die Einrichtung eines internen Abwicklungsausschusses erfolgen. Die EIOPA wird klare und entscheidende Mandate in Bereichen erhalten, in denen kohärente Vorschriften und Verfahren von grundlegender Bedeutung sind. Dabei sollen Überschneidungen mit den Aufgaben der für die laufende Beaufsichtigung und die Abwicklung zuständigen nationalen Behörden vermieden werden. Die EIOPA wird ferner damit beauftragt, Vereinbarungen mit Drittlandsbehörden auszuarbeiten, die für nationale Behörden als Muster für bilaterale Vereinbarungen im Bereich der Abwicklung von Versicherungsunternehmen dienen werden.

Abwicklungsmaßnahmen können unter Umständen die Rechte von Anteilseignern und Gläubigern beeinträchtigen. Wie wird damit umgegangen?
Neben strengen Auflagen bezüglich der Abwicklung, insbesondere dem Nachweis, dass eine Abwicklung tatsächlich im öffentlichen Interesse liegt, enthält die vorgeschlagene Richtlinie angemessene Garantien für den Schutz der Interessen der von Abwicklungsmaßnahmen Betroffenen. Dazu gehört insbesondere der Grundsatz, dass bei der Abwicklung kein Gläubiger schlechter gestellt werden darf als es bei einer Liquidation des (Rück-)Versicherers nach geltendem Insolvenzrecht der Fall gewesen wäre.

In welchem Zusammenhang steht dieser Vorschlag mit den auf internationaler Ebene durchgeführten Arbeiten zu diesem Thema?
Auf internationaler Ebene hat der Rat für Finanzstabilität (FSB) im Oktober 2014 Hauptmerkmale wirksamer Regelungen für die Abwicklung (Key Attributes (KA) of Effective Resolution Regimes) für den Versicherungssektor entwickelt. Diese waren auf jeden systemrelevanten Versicherer ausgerichtet, dessen Ausfall kritisch sein könnte. Im Juni 2016 veröffentlichte der FSB ergänzende Leitlinien zur Entwicklung wirksamer Abwicklungsstrategien und -pläne und gab im August 2020 in seiner KA Assessment Methodology zusätzliche Orientierungshilfen.

Parallel dazu nahm die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) im November 2019 eine Reihe von Grundsätzen für die Versicherungsaufsicht (Insurance Core Principles) für alle Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sowie einen gemeinsamen Rahmen für international tätige Versicherungsgruppen (Common Framework for Internationally Active Insurance Groups) an, in dem die Standards für die präventive Sanierungsplanung festgelegt sind.

Die Initiative der Kommission steht mit diesen Arbeiten im Einklang.

Warum legt die Kommission keinen Vorschlag zur Harmonisierung der Sicherungssysteme für Versicherungen vor?
Sicherungssysteme für Versicherungen verwenden von der Versicherungsbranche erhobene Beiträge, um Versicherungsnehmer, Begünstigte und geschädigte Dritte im Notfall zu schützen, wenn ihr Versicherer seinen vertraglichen Verpflichtungen bei einem Ausfall nicht nachkommen kann.

Derzeit gibt es in der EU keinen harmonisierten Rahmen für Sicherungssysteme für Versicherungen. Die EIOPA hat in ihrer Stellungnahme zur Solvabilität-II-Überprüfung 2020 empfohlen, die nationalen Sicherungssysteme anzugleichen. Die Schaffung kohärenter Sicherheitsnetze für den Notfall könnte das Vertrauen in den Binnenmarkt für Versicherungsdienstleistungen fördern.

Die Einführung eines gemeinsamen Mindestrahmens für Sicherungssysteme für Versicherungen könnte jedoch erhebliche Kosten für Versicherer mit sich bringen, insbesondere in Mitgliedstaaten, die derzeit über kein entsprechendes System verfügen oder in denen das bestehende System an den neuen Rechtsrahmen angepasst werden müsste.

Die Kommission hat all diese möglichen Auswirkungen bewertet und ist zu dem Schluss gelangt, dass angesichts der durch die COVID-19-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Unsicherheiten sowie der Notwendigkeit, sich auf die wirtschaftliche Erholung zu konzentrieren, Maßnahmen zur Angleichung der Vorschriften für Sicherungssysteme für Versicherungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angezeigt sind. Sie ist jedoch entschlossen, die Eignung und den Zeitplan einer Angleichung der Vorschriften zu gegebener Zeit erneut zu prüfen. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 11.10.21
Newsletterlauf: 07.12.21


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