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Horizontale Gruppenfreistellungsverordnungen


Kartellrecht: EU-Kommission bittet um Stellungnahme zu den Entwürfen der überarbeiteten Vorschriften für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen
Wettbewerbsfördernde horizontale Zusammenarbeit durch unter eine der HGVOs fallende FuE- bzw. Spezialisierungsvereinbarungen ist für den digitalen und den ökologischen Wandel von entscheidender Bedeutung und kann zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen




Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation eingeleitet, in der alle Interessenträger aufgefordert werden, zu zwei im Entwurf vorgelegten überarbeiteten horizontalen Gruppenfreistellungsverordnungen – eine für den Bereich Forschung und Entwicklung (FuE-GVO), die andere für Spezialisierungsvereinbarungen (Spezialisierungs-GVO) (zusammen Horizontal-Gruppenfreistellungsverordnungen oder HGVOs) – sowie zum Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien Stellung zu nehmen.

Die Entwürfe der überarbeiteten HGVOs und der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien durchlaufen derzeit ein im September 2019 eingeleitetes Überarbeitungs- und Bewertungsverfahren. Ziel ist die Anpassung der geltenden Vorschriften in bestimmten Bereichen, für die sich herausstellte, dass aufgrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten zehn Jahre, so z. B. des digitalen und des ökologischen Wandels, eine Überarbeitung erforderlich ist. Einige Bestimmungen der HGVOs wurden als starr und komplex angesehen, und der Grad der Rechtssicherheit, den die Horizontal-Leitlinien bieten, wurde für die verschiedenen Arten von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit als uneinheitlich erachtet.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, erklärte dazu: "Die Überarbeitung der horizontalen Gruppenfreistellungsverordnungen und Leitlinien ist ein wichtiges politisches Vorhaben, da damit für Unternehmen klarer erläutert wird, wann sie mit Konkurrenten zusammenarbeiten können. Horizontale Zusammenarbeit kann erhebliche wirtschaftliche Vorteile und Vorteile in Bezug auf die Nachhaltigkeit mit sich bringen, einschließlich der Unterstützung des digitalen und des ökologischen Wandels. Die vorgeschlagenen überarbeiteten Vorschriften sollen den Anschluss an neue Entwicklungen herstellen, damit eine sinnvolle Zusammenarbeit möglich ist, z. B. in Bezug auf Nachhaltigkeit oder Datenaustausch. Wir fordern nun alle Interessenträger auf, zu den Entwürfen der überarbeiteten Regelwerke Stellung zu nehmen. Die Beiträge werden uns helfen, den neuen Vorschriften ihre endgültige Form zu geben. Am 1. Januar 2023 werden die Regelwerke dann in Kraft treten."

Vorgeschlagene Änderungen
Wie in dem erläuternden Vermerk zu den Entwürfen der der überarbeiteten HGVOs und der Horizontal-Leitlinien ausführlicher dargelegt, zielen die vorgeschlagenen Änderungen auf Folgendes ab:

>> leichtere Zusammenarbeit von Unternehmen in Bereichen wie FuE und Produktion durch i) klarere Abfassung der HGVOs und der Horizontal-Leitlinien, ii) Aufnahme neuer Erläuterungen zur Anwendung der HGVOs und iii) geringfügige Ausweitung des Anwendungsbereichs der Spezialisierungs-GVO, z. B. auf Vereinbarungen über einseitige Spezialisierung zwischen mehr als zwei Parteien

>> Gewährleistung eines kontinuierlichen wirksamen Wettbewerbs, indem i) FuE-Vereinbarungen, die völlig neue Produkte, Technologien und Verfahren betreffen, und ii) FuE-Anstrengungen, die auf ein spezifisches Ziel, aber noch nicht konkret auf ein Produkt oder eine Technologie ausgerichtet sind, nur dann von den EU-Wettbewerbsvorschriften ausgenommen werden, wenn genügend vergleichbare konkurrierende FuE-Anstrengungen bestehen

>> Aufnahme eines neuen Kapitels über die Bewertung horizontaler Vereinbarungen, mit denen Nachhaltigkeitsziele verfolgt werden, sowie neuer Erläuterungen für Datenaustausch, Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung mobiler Infrastrukturen und Bieterkonsortien

>> einfachere Verwaltungskontrolle durch die Europäische Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden durch Straffung und Aktualisierung des allgemeinen Rahmens für die Bewertung von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.

Hintergrundinformationen zum Überarbeitungsverfahren
Im Mai 2021 veröffentlichte die Kommission eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, in der die Ergebnisse der Bewertung der bisher geltenden HGVOs und Horizontal-Leitlinien zusammengefasst wurden. Wie sich zeigte, sind die HGVOs und die Horizontal-Leitlinien nützliche Instrumente, die für die Interessenträger relevant bleiben. Gleichzeitig kristallisierten sich jedoch Bereiche heraus, in denen Wirksamkeit, Relevanz und Kohärenz möglicherweise verbessert werden können. Ferner ergaben sich eine Reihe von Bereichen, in denen der Wortlaut der HGVOs und der Horizontal-Leitlinien als nicht klar genug, zu streng oder schwer zu interpretieren gilt.

Im Anschluss an diese Evaluierung leitete die Kommission im Juni 2021 die Folgenabschätzung ein. Dafür trug sie weitere Erkenntnisse zu den erforderlichen Verbesserungen zusammen, unter anderem durch eine öffentliche Konsultation, mehrere gezielte Fragebögen und Workshops sowie eine Konsultation der nationalen Wettbewerbsbehörden. Ferner forderte die Kommission fünf Gutachten zu spezifischen Themen im Zusammenhang mit den HGVOs, gemeinsamen Einkaufsregelungen und Nachhaltigkeitsvereinbarungen an.

Hintergrundinformationen zu den HGVOs
Horizontale Kooperationsvereinbarungen zwischen zwei oder mehr Wettbewerbern, die auf derselben Marktebene tätig sind, können zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen und Vorteilen in Bezug auf die Nachhaltigkeit führen, insbesondere wenn sich ergänzende Tätigkeiten, Fähigkeiten oder Vermögenswerte kombiniert werden. Horizontale Zusammenarbeit kann ein Mittel sein, Risiken zu teilen, Kosten zu sparen, Investitionen zu steigern, Know-how zu bündeln, die Produktqualität und -vielfalt zu verbessern und Innovation zu beschleunigen. Ebenso können durch horizontale Zusammenarbeit Engpässe und Störungen in den Lieferketten behoben oder die Abhängigkeit von bestimmten Produkten, Dienstleistungen und Technologien verringert werden.

Wettbewerbsfördernde horizontale Zusammenarbeit durch unter eine der HGVOs fallende FuE- bzw. Spezialisierungsvereinbarungen ist für den digitalen und den ökologischen Wandel von entscheidender Bedeutung und kann zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen. In den HGVOs ist festgelegt, dass FuE- und Spezialisierungsvereinbarungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, von der Anwendung des Artikels 101 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) freigestellt sind, da davon ausgegangen werden kann, dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen. Nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV können solche Vereinbarungen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder
-verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne den Wettbewerb auszuschalten.

Somit schaffen die HGVOs einen sicheren Hafen für diese Arten von Vereinbarungen. In den Horizontal-Leitlinien wird erläutert, wie die beiden Verordnungen auszulegen und anzuwenden sind und wie die betreffenden Unternehmen selbst prüfen können, ob ihre FuE- oder Spezialisierungsvereinbarungen, aber auch andere Arten von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, die nicht unter die HGVOs fallen, mit Artikel 101 Absatz 1 und Artikel 101 Absatz 3 AEUV vereinbar sind. Nicht unter die HGVOs fallen z. B. Einkaufs-, Vermarktungs- und Normenvereinbarungen sowie Vereinbarungen über Standardbedingungen, aber auch ganz allgemein Informationsaustausch.
(EU-Kommission: ra)

eingetragen: 16.03.22
Newsletterlauf: 06.05.22


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