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Rechenschaftspflicht bei Lobbykampagnen


Paket zur Verteidigung der Demokratie: Gegen verdeckte Einflussnahme aus dem Ausland
Einrichtungen, die im Namen eines Drittlands Interessenvertretungstätigkeiten ausüben, müssen sich in einem Transparenzregister registrieren lassen




Im Vorfeld der Europawahl 2024 will die Europäische Kommission verdeckte ausländische Einflussnahme und dubiose Finanzierungen verstärkt unter die Lupe nehmen. Sie hat ein Paket zur Verteidigung der Demokratie angenommen. Das Ziel: der Bedrohung aus dem Ausland mehr Transparenz entgegensetzen und das Engagement der EU-Bürgerinnen und Bürger und ihre und die Teilhabe an der Demokratie fördern.

Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz betonte, dass Europa stolz ist auf seine offene Demokratie. Doch es wäre naiv zu glauben, dass die Demokratie nicht geschützt werden muss. In unserer heutigen Welt ist nämlich genau das Gegenteil der Fall. "Wir sollten es Putin oder irgendeinem anderen Autokraten nicht ermöglichen, verdeckt in unsere demokratischen Prozesse einzugreifen. Wir werden die Bedrohung durch ausländische Einflussnahme durch ein neues Gesetz angehen, das Transparenz vorschreibt. Und im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr werden wir gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Integrität der Wahlen stärken – offline und online."

Dubravka Šuica, Vizepräsidentin für Demokratie und Demografie, ergänzte, dass der Vorschlag die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an unseren Demokratien stärken soll. "Innovative beratende Praktiken stärken die repräsentative Demokratie, indem zwischen Bürgerinnen und Bürgern und demokratischen Institutionen das Vertrauen gefördert und die bestehende Kluft überbrückt wird. Manch einer versucht, der Demokratie an ihren Wurzeln zu schaden – doch wir tragen Sorge dafür, dass diesen Wurzeln nichts geschieht."

Paket aus drei Teilen
Das Paket umfasst einen Rechtsvorschlag, der Transparenz und demokratische Rechenschaftspflicht für Tätigkeiten zur Interessenvertretung im Namen von Drittländern verbessern soll. Auch zwei Empfehlungen sind Teil des Pakets. Sie zielen darauf ab, freie, faire und stabile Wahlen und die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen an der Politikgestaltung zu fördern.

Rechtsvorschlag: Transparenz ausländischer Interessenvertretung gewährleisten
Die EU ist weltoffen – sie arbeitet aktiv mit Partnern aus der ganzen Welt zusammen. Wenn Regierungen von Drittländern Tätigkeiten zur Interessenvertretung nutzen, um ihre Ziele voranzubringen und Einfluss auf demokratische Prozesse in der EU zu nehmen, muss dies allerdings transparent gemacht werden. Der Vorschlag für harmonisierte Vorschriften soll EU-weit ein gemeinsames hohes Maß an Transparenz und demokratischer Rechenschaftspflicht bei Lobbykampagnen und ähnlichen Tätigkeiten von Einrichtungen im Namen einer Drittlandregierung gewährleisten.

Der Vorschlag sieht folgende Transparenzanforderungen vor:
>> Registrierung in einem Transparenzregister: Einrichtungen, die im Namen eines Drittlands Interessenvertretungstätigkeiten ausüben, müssen sich in einem Transparenzregister registrieren lassen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, zu diesem Zweck nationale Register einzurichten oder vorhandene Register anzupassen.
>> Öffentliche Zugänglichkeit: Zentrale Elemente der Daten zu solchen Interessenvertretungstätigkeiten werden öffentlich zugänglich sein, was Transparenz und demokratische Rechenschaftspflicht ermöglicht. Dies betrifft beispielsweise jährlich erhaltene Beträge, die betreffenden Drittländer und die Hauptziele der Tätigkeiten.
>> Aufzeichnungen: Einrichtungen, die im Namen eines Drittlandes Tätigkeiten zur Interessenvertretung ausüben, müssen nach Abschluss der Tätigkeiten Aufzeichnungen über die wesentlichen Informationen oder Materialien im Zusammenhang mit der Interessenvertretung für vier Jahre aufbewahren.

Der Vorschlag enthält verhältnismäßige Vorschriften und Garantien, um zu verhindern, dass Registrierungsanforderungen missbraucht werden, um Grundrechte wie die Meinungs- oder Vereinigungsfreiheit oder aber in unangemessener Weise den zivilgesellschaftlichen Raum einzuschränken:
>> Unabhängigen Aufsichtsbehörden wird die Befugnis übertragen, nur in hinreichend begründeten Fällen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in begrenztem Umfang Aufzeichnungen anzufordern.
>> Die Behörden müssen sicherstellen, dass sich die Registrierung nicht nachteilig auswirkt.
>> Es besteht die Möglichkeit, in hinreichend begründeten Fällen von der Veröffentlichung von Informationen abzuweichen.
>> Die vollständige Harmonisierung im Rahmen des Vorschlags verhindert, dass Mitgliedstaaten zusätzliche Anforderungen und Praktiken beibehalten oder einführen.

Mit diesem Vorschlag will die Kommission dazu beitragen, nicht nur in der EU, sondern auch weltweit Standards für ein gestrafftes und verhältnismäßiges Vorgehen gegen ausländische Einflussnahme unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte zu setzen.

Empfehlung 1: Wahlverfahren in der EU stärken
Die Empfehlung für inklusive und stabile Wahlverfahren in der Union, für die Stärkung des europäischen Charakters und den effizienteren Ablauf der Wahlen zum Europäischen Parlament zielt darauf ab, hohe demokratische Standards für Wahlen in der EU zu fördern, eine hohe Wahlbeteiligung und inklusive Beteiligung zu unterstützen und die Ausübung des Wahlrechts zu erleichtern. Die Empfehlung befasst sich auch mit dem Schutz und der Cybersicherheit der Wahlinfrastruktur und schlägt Maßnahmen vor, um das Risiko der Einflussnahme aus Drittländern durch die Finanzierung politischer Parteien, politischer Stiftungen, Wahlkampforganisationen und Kandidatinnen und Kandidaten zu minimieren. Für einen freien und fairen demokratischen Diskurs braucht es Rechtmäßigkeit und Fairplay. In der Empfehlung wird unterstrichen, dass Überwachungsinstrumente nie dazu dienen sollten, in die demokratische Debatte einzugreifen, und dass der Einsatz derartiger Instrumente nicht hinnehmbar ist, um politische Akteure sowie Journalistinnen und Journalisten für politische Zwecke ins Visier zu nehmen.

Die am 6. Dezember veröffentlichte jüngste Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass die Hauptsorge der EU-Bürgerinnen und -Bürger im Zusammenhang mit Wahlen in Europa Wählerinnen und Wählern gilt, die ihre Wahlentscheidung auf Desinformation stützen (78 Prozent), gefolgt von durch Cyberangriffe manipulierte Wahlen (72 Prozent), verdeckte Einflussnahme aus dem Ausland auf Wahlen (70 Prozent) und Druck auf Wählerinnen und Wähler, damit diese bei der Stimmabgabe auf eine bestimmte Art und Weise entscheiden (65 Prozent).

Empfehlung 2: Die demokratische Stimme der Zivilgesellschaft stärken
Die Empfehlung zur Förderung der Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern und Organisationen der Zivilgesellschaft an politischen Entscheidungsprozessen zielt darauf ab, ein sicheres und förderliches Umfeld für zivilgesellschaftliche Organisationen und Verteidiger der Menschenrechte zu schaffen und aufrechtzuerhalten, das es ihnen ermöglicht, sich wirksam an der demokratischen Politikgestaltung zu beteiligen. Zudem ermutigt sie die Mitgliedstaaten, einen strukturierten Ansatz für Beteiligungsprozesse durch vorhersehbare, zugängliche, transparente und inklusive Rahmenbedingungen zu entwickeln. Mit der gleichen Absicht – den Rahmen für die Bürgerbeteiligung zu verbessern – hat die Kommission als Folgemaßnahme zur Konferenz zur Zukunft Europas nun die europäischen Bürgerforen in ihren politischen Entscheidungsprozess eingebunden. Anfang 2024 wird die Kommission ein überarbeitetes "Ihre Meinung zählt"-Portal als neue zentrale Online-Anlaufstelle für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger einrichten.

In der jüngsten Eurobarometer-Umfrage gaben fast neun von zehn Befragten an, die Zivilgesellschaft sei wichtig für die Förderung und den Schutz der Demokratie und der gemeinsamen Werte.

Nächste Schritte
Die Kommission sieht dem uneingeschränkten Engagement des Europäischen Parlaments und des Rates erwartungsvoll entgegen, um vor den Wahlen zum Europäischen Parlament entscheidende Fortschritte bei allen Legislativvorschlägen im Bereich der Demokratie zu erzielen, ebenso setzt sie mit Blick auf den weiten Kreis der beteiligten nationalen öffentlichen und privaten Akteure darauf, dass die Umsetzung des Aktionsplans für Demokratie in Europa und dieses neuen Pakets zur Verteidigung der Demokratie sichergestellt wird.

Im Vorfeld der Europawahl 2024 wird die Kommission Dialoge vor den Wahlen und die Zusammenarbeit mit Online-Plattformen und anderen Unterzeichnern des Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation fördern und dabei auf bestehenden Verpflichtungen zur Transparenz politischer Werbung und zur Zusammenarbeit zwischen den Unterzeichnern aufbauen und gleichzeitig weitere Möglichkeiten prüfen, wie das schädliche Potenzial neuer KI-gestützter Instrumente in Bezug auf Desinformation angegangen werden kann.

Hintergrund
In der Europäischen Union können die Bürgerinnen und Bürger ihre Ansichten frei äußern und am demokratischen Leben teilhaben, ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter wählen und mitreden, wenn es um die Gestaltung ihrer Zukunft geht. Wir feiern die Europawahl – und wir freuen uns auf 2024. Die Demokratie und die mit ihr verbundenen Rechte und Freiheiten sind das Herzstück unserer offenen und transparenten Gesellschaften. Aber die Demokratie hat auch Feinde. Autoritäre Regime sehen sie als Bedrohung. Einige Regime haben den Versuch unternommen, sich gesellschaftliche Spaltungen zunutze zu machen und Misstrauen gegenüber etablierten Institutionen zu wecken. Sie verbreiten Desinformation, um die demokratische Stimme der Bürgerinnen und Bürger und der Zivilgesellschaft zu schwächen und Wahlkampagnen zu verzerren.

Das Paket zur Verteidigung der Demokratie baut auf früheren Initiativen der Kommission mit dem Ziel auf, die europäische Demokratie zu schätzen, darunter der Europäische Aktionsplan für Demokratie. Drei Jahre nach seiner Annahme ist die Umsetzung des Aktionsplans für Demokratie in vollem Gange. Die EU fördert freie und faire Wahlen und eine starke demokratische Teilhabe, unterstützt freie und unabhängige Medien und geht gegen Desinformation innerhalb und außerhalb der EU vor.

Weitere Initiativen der Kommission zum Schutz unserer Demokratie sind der jährliche Bericht über die Rechtsstaatlichkeit, die jüngsten Antikorruptions- und Ethikinitiativen sowie der Bericht über die Umsetzung der Charta der Grundrechte mit Schwerpunkt auf dem zivilgesellschaftlichen Raum aus dem Jahr 2022.

Das vorgelegte Paket zur Verteidigung der Demokratie umfasst eine Richtlinie über die Transparenz der Interessenvertretung für Drittländer, eine Mitteilung zur Überprüfung der Arbeit im Rahmen des Europäischen Aktionsplans für Demokratie, eine Empfehlung für inklusive und stabile Wahlverfahren in der Union, für die Stärkung des europäischen Charakters und den effizienteren Ablauf der Wahlen zum Europäischen Parlament und eine Empfehlung zur Förderung der Mitwirkung und der wirksamen Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und Organisationen der Zivilgesellschaft an politischen Entscheidungsprozessen. Die Kommission hat auch die Ergebnisse einer ergänzenden Eurobarometer-Umfrage zur Demokratie veröffentlicht. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 02.01.24
Newsletterlauf: 22.03.24


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