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Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften?


Kartellrecht: Europäische Kommission sendet Mitteilung der Beschwerdepunkte an mutmaßliche Teilnehmer eines Smartcard-Chip-Kartells
Die Kommission hat Bedenken, dass bestimmte Chip-Anbieter ihr Verhalten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgestimmt oder koordiniert haben könnten, um die Preise hoch zu halten


(06.06.13) - Die Europäische Kommission hat eine Reihe von Anbietern von Smartcard-Chips von ihrem vorläufigen Standpunkt unterrichtet, dass sie möglicherweise unter Verstoß gegen das EU‑Kartellrecht an einem Kartell beteiligt gewesen sein könnten. Die Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte greift dem Ergebnis des Verfahrens nicht vor.

Fast jeder verwendet Smartcard-Chips, sei es in SIM-Karten von Mobiltelefonen, Bankkarten, Pässen, Personalausweisen, beim Pay-TV oder in zahlreichen anderen Anwendungen.

Die Kommission hat Bedenken, dass bestimmte Chip-Anbieter ihr Verhalten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgestimmt oder koordiniert haben könnten, um die Preise hoch zu halten. Damit würden sie gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verstoßen, die Kartelle und wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken verbieten.

Die Kommission hatte ursprünglich die Möglichkeit von Vergleichsgesprächen mit den beteiligten Unternehmen ins Auge gefasst. Inzwischen hat sie die Gespräche jedoch aufgrund der fehlenden Fortschritte eingestellt. Somit wird nun das normale Kartellverfahren seinen Lauf nehmen.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia erklärte: "Wenn Vergleichsgespräche scheitern, bedeutet dies nicht automatisch, dass die betreffenden Unternehmen ungeschoren davonkommen. Bei Vergleichsgesprächen geht es hauptsächlich darum, ein schnelleres und effizienteres Verfahren zu erreichen und im Hinblick auf das Vorliegen eines Kartells und dessen Merkmale zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen. Falls das nicht möglich ist, zögert die Kommission nicht, zum normalen Verfahren zurückzukehren und der Zuwiderhandlung weiter nachzugehen."

Hintergrund
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften. Mit dieser Mitteilung setzt die Kommission die Parteien schriftlich von den gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkten in Kenntnis. Die Unternehmen können dann die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich antworten und eine mündliche Anhörung beantragen, in der sie gegenüber Vertretern der Kommission und der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden zu der Sache Stellung nehmen können.

Wenn die Parteien ihre Verteidigungsrechte wahrgenommen haben und die Kommission dennoch zu dem Schluss kommt, dass hinreichende Beweise für eine Zuwiderhandlung vorliegen, kann sie einen Beschluss erlassen, mit dem sie die wettbewerbswidrige Verhaltensweise untersagt und gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen von bis zu 10 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängt.

Im Jahr 2008 hat die Kommission ein Vergleichsverfahren für Kartellfälle. Im Rahmen eines solchen Vergleichsverfahrens können die Geldbußen, die gegen die an dem jeweiligen Kartell beteiligten Unternehmen verhängt werden, um 10 Prozent reduziert werden. (Europäische Kommission: ra)


Meldungen: Europäische Kommission

  • Überarbeitung einschlägiger Vorschriften

    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

  • Überprüfung der Betrugsbekämpfungsarchitektur

    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

  • Einhaltung von Verpflichtungszusagen

    Die Europäische Kommission hat Vivendi ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass das Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach der EU-Fusionskontrollverordnung sowie gegen die Bedingungen und Auflagen des Kommissionsbeschlusses vom 9. Juni 2023 über die Genehmigung der Übernahme von Lagardère durch Vivendi verstoßen hat.

  • Marktbeherrschende Stellung

    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

  • Zusammenschlusses zwischen KKR und NetCo

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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