Sie sind hier: Home » Markt » Hintergrund

Lösung des Fachkräftemangels


Joachim Herrmann: Wirtschaft muss vorhandenes Arbeitskräftepotential besser ausschöpfen – Keine massenhafte Zuwanderung zur Beseitigung von Fachkräftemangel
Bei den in Deutschland lebenden Ausländern sei die Arbeitslosenquote mit 14,7 Prozent besonders hoch


(30.11.10) - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat bei einer Diskussionsveranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung zum Thema "Zuwanderung: Chance zur Lösung des Fachkräftemangels?" eindringlich davor gewarnt, seitens Wirtschaft und Politik völlig falsche Signale zu setzen: "Wir müssen erst einmal das bei uns bereits vorhandene Arbeitskräftepotential ausschöpfen und unsere eigenen Arbeitssuchenden in Lohn und Brot bringen. Wir haben in Deutschland immer noch knapp drei Millionen Arbeitslose, was einer Arbeitslosenquote von 7 Prozent entspricht. Bei den in Deutschland lebenden Ausländern ist die Arbeitslosenquote mit 14,7 Prozent besonders hoch. Bei diesen Fakten massenhaft Ausländer nach Deutschland holen zu wollen – mit allen damit verbundenen Integrationsproblemen – halte ich für falsch."

Herrmann sieht zunächst vor allem die Wirtschaft selbst in der Pflicht. Sie habe bei Weitem noch nicht alles getan, was möglich und nötig wäre, um Fachkräfte zu mobilisieren. "Ich denke etwa an die oft hochqualifizierten, älteren Arbeitssuchenden. Nicht selten wurden sie ausgerechnet in den Branchen entlassen, die jetzt am lautesten nach ausländischen Fachkräften rufen. Das ist eine Fehlentwicklung."

Auch gebe es viele Frauen, die gerne arbeiten würden, aber immer noch nicht ausreichende Bedingungen vorfinden, um Familie und Beruf angemessen zu vereinbaren. Schließlich müssten die Unternehmen auch mehr für die Förderung und die Ausbildung junger Menschen tun und dies als wichtige Zukunftsinvestition verstehen.

Der Innenminister verwies darauf, dass in der Zuwanderungsdiskussion auch die Arbeitssuchenden aus den anderen EU-Mitgliedstaaten nicht vergessen werden dürften. Bereits jetzt könnten Arbeitnehmer aus den Stammländern der EU ohne jede Einschränkung beschäftigt werden. Ab 1. Mai 2011 fielen darüber hinaus alle Beschränkungen für Bürger aus den Beitrittsstaaten in Ost- und Südosteuropa.

Für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien, die der EU erst 2007 beigetreten sind, könne die Arbeitsnehmerfreizügigkeit nur bis längstens 2013 beschränkt werden. Herrmann: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das außerordentliche Potential des EU-Wirtschaftsraums mit seinen rund 500 Millionen Menschen und derzeit 23 Millionen Arbeitslosen nicht ausreicht, um unseren Fachkräftebedarf zu decken. Ein wichtiger Schritt sind hierbei auch die Pläne der Bundesregierung, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland zu erleichtern."

Herrmann erteilte den Forderungen nach einer Lockerung des Ausländerrechts bei der Arbeitsmigration eine klare Absage. "Unser geltendes Recht sieht bereits ausreichende Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte aus dem Ausland vor. Jeder Arbeitgeber kann Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten einstellen, wenn die offene Arbeitsstelle nicht über den deutschen oder den EU-Arbeitsmarkt besetzt werden kann.

Hochqualifizierte können auch ohne diese Vorrangprüfung sofort mit ihren Familien einen Daueraufenthalt erreichen. Ich sehe nicht, weshalb wir an diesen Regelungen etwas ändern und lockern sollten." Deutschland habe einen der offensten Arbeitsmärkte für Akademiker weltweit.

Herrmann ermahnte die Unternehmen auch dazu, ausreichend attraktive Rahmenbedingungen für Fachkräfte in Deutschland zu schaffen. Zahlreiche einheimische Hochqualifizierte kehrten jedes Jahr Deutschland den Rücken. So seien im Zeitraum zwischen 2005 bis 2009 im Jahresdurchschnitt rund 40.000 Führungskräfte und Wissenschaftlicher aus Deutschland allein in die 15 "alten Mitgliedstaaten" der EU ausgewandert, während nur 38.500 eingewandert seien.

"Wer Fachkräfte in Deutschland halten will, muss auch ausreichende finanzielle Anreize schaffen. Das ist das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Der deutsche Arbeitsmarkt muss für Fachkräfte über seine Konditionen – und zwar hinsichtlich Gehalt und beruflicher Rahmenbedingungen – international konkurrenzfähig sein. Es ist falsch, Fachkräfte aus Deutschland wegziehen zu lassen und stattdessen den Ruf nach billigeren Fachkräften etwa aus Südostasien zu erheben." (Bayerisches Innenministerium: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Markt / Hintergrund

  • Wird KI den Finanzberater ersetzen?

    Die Zeiten, in denen Finanzdienstleister in Deutschland künstlicher Intelligenz nur zaghaft begegneten, sind vorbei. Banken, Vermögensverwalter und Asset Manager haben KI eindeutig als eine der strategisch wichtigsten Technologien für die Branche erkannt. Allerdings ist es für viele Akteure nach wie vor schwierig, diese effektiv umzusetzen.

  • Absichern entlang der Lieferkette

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sieht für die betroffenen Unternehmen vor, "menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 LkSG). Vom Gesetzestext selbst könnten sich viele Unternehmen jedoch erst einmal unbeeindruckt fühlen.

  • Besonders besorgniserregende Stoffe

    Die ECHA hat zwei neue Chemikalien in die Liste der SVHCS (besonders besorgniserregende Stoffe) aufgenommen. Eine davon ist fortpflanzungsgefährdend, die andere hat sehr persistente und stark bioakkumulierbare gefährliche Eigenschaften.

  • KI für modernes Vertragsmanagement

    Laut des neuen "Digital Maturity Report" von DocuSign sind 78 Prozent der europäischen Führungskräfte von ihren aktuellen digitalen Prozessen frustriert. KI-gestützte Tools könnten Abhilfe schaffen und die Produktivität steigern. Anlässlich des "Artificial Intelligence Appreciation Day" stellte DocuSign fünf Trends vor, wie KI den Vertragsprozess revolutioniert:

  • Erhöhung der Cybersicherheit in Europa

    Das verarbeitende Gewerbe ist ein entscheidender Teil der europäischen Wirtschaft und umfasst viele Bereiche von der kleinen Produktion bis hin zu groß angelegten industriellen Prozessen. Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung ist der Sektor mit immer größeren Cybersicherheitsrisiken konfrontiert, die schwerwiegende Folgen für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit haben könnten.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen