Was der Brexit für den Legal-Bereich bedeutet


Nach einem Brexit: Wie viel EU-Regulierung bleibt erhalten? - Großbritannien ist nun frei, das eigene Recht vollständig losgelöst von EU-Standards zu entwickeln
Deutsche Unternehmen sollten nun in ihren Verträgen mit UK-Bezug auf deutsches Recht bestehen



Die Briten haben sich für den Brexit entschieden. In vielen Bereichen wird diese Entscheidung künftig Auswirkungen haben, auch im rechtlichen Bereich. "Der nun beschlossene Brexit bringt erhebliche Vertragsrisiken mit sich, denn mit dem EU-Austritt Großbritanniens ist ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit verbunden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das englische Recht radikal verändern wird, da nach dem Brexit der europäische Rechtsrahmen wegbrechen wird", so Dr. Nils Krause, Co-Head der deutschen Corporate/M&A-Praxis bei DLA Piper.

"Deutsche Unternehmen sollten nun in ihren Verträgen mit UK-Bezug auf deutsches Recht bestehen. Dieser Punkt, der grundsätzlich Verhandlungssache ist, sollte jetzt nicht mehr leichtfertig vergeben werden", so Dr. Benjamin Parameswaran, Co-Managing Partner von DLA Piper in Deutschland und Partner im Bereich M&A. "Bei laufenden M&A-Deals, Joint-Ventures oder Transition-Service-Agreements sind die Auswirkungen des nun beschlossenen Brexits total ungewiss. Man kann nur hoffen, dass Unternehmen die gerade stattfindenden Währungsschwankungen über MAC-Klauseln oder Anpassungsmechanismen in den Verträgen abgebildet haben", so die beiden M&A-Experten Dr. Nils Krause und Dr. Benjamin Parameswaran von der Kanzlei DLA Piper.

"Unternehmen aller EU-Mitgliedsstaaten profitieren derzeit in ihren Beziehungen zum United Kingdom von den unionsverfassungsrechtlich verankerten Grundfreiheiten: freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit sowie freier Kapital- und Zahlungsverkehr. Welche konkreten Rechtsfolgen sich aus dem nun beschlossenen Brexit für diese Grundpfeiler der wirtschaftlichen Ordnung in den Beziehungen zum UK ergeben werden, hängt insbesondere von dem am Ende gewählten Austrittsmodell ab", so Dr. Benjamin Parameswaran, Co-Managing Partner von DLA Piper in Deutschland.

"Änderungen werden sich auf jeden Fall im Hinblick auf das Angebot und die Zulassung von Wertpapieren im UK ergeben, die bislang nach Maßgabe des sog. Europäischen Passes bereits auf Grundlage eines im EU-Herkunftsland gebilligten Wertpapierprospekts erfolgen", sagt Dr. Nils Krause, Co-Head der deutschen Corporate/M&A-Praxis bei DLA Piper.

"Das Ja zum EU-Austritt wird erhebliche Auswirkungen auf die britische Wirtschaft und die Volkswirtschaften der Euro-Zone, und damit auch auf die Private Equity-Industrie haben. Die Stimmung im Markt war schon in den vergangenen Monaten gedämpft, manche PE-Investoren haben explizit potentielle UK Deals auf Eis gelegt. Mit dem nunmehr beschlossenen Brexit ist zu befürchten, dass sich das Investitionsklima im gesamten Euroraum vorerst weiter abkühlen wird, bis die politischen und ökonomischen Auswirkungen absehbar sind und neues Vertrauen im Markt entsteht", so Jan Schinköth, Partner im Bereich Private Equity bei DLA Piper.

Steuerrecht
"Steuerrechtlich droht künftig, dass wesentliche, den Verkehr im Binnenmarkt erleichternde Richtlinien unanwendbar werden. Dazu zählen z.B. die Mutter-Tochter-Richtlinie und die Zins-Lizenz-Richtlinie", so Claus Jochimsen, Partner im Bereich Steuerrecht bei DLA Piper.

"Die wesentlichen, im AEUV verankerten Grundfreiheiten könnten nun wegfallen. Dies hätte zur Folge, dass lokale Steuergesetzgebungen einzelner Länder, die innerhalb der EU aufgrund der Grundfreiheiten aufgeweicht sind, in verschärfter Form für Investments aus oder nach Großbritannien zur Anwendung kommen; derartige Investitionen würden somit dem Risiko ausgesetzt sein, massiv an Attraktivität zu verlieren", erläutert Claus Jochimsen, Partner im Bereich Steuerrecht bei DLA Piper.

"Der nun beschlossene Brexit könnte in Konsequenz zur Wiedereinführung von Zöllen auf Warenbewegungen von und nach Großbritannien führen, wenn nicht im Rahmen der Austrittsverhandlungen ein Zollabkommen geschlossen wird", sagt Claus Jochimsen, Partner im Bereich Steuerrecht bei DLA Piper.

"Wenn der Brexit nun tatsächlich vollzogen wird, würde UK umsatzsteuerlich zum Drittlandsgebiet, so dass unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten Warenströme von außerhalb der bisherigen EU über UK in den Rest der EU und umgekehrt überdacht und ggf. geändert werden müssten", sagt Martin Heinsius, Partner im Bereich Steuerrecht bei DLA Piper.

Immobilienwirtschaftsrecht
"Für die Immobilienmärkte erwarte ich nach einer vorübergehenden Phase der Verunsicherung verstärktes Interesse vor allem an Investments in Deutschland. Nach einem möglicherweise tiefen Fall des britischen Pfunds und einer Phase des Schocks könnten sich dann auch in London interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten", so Dr. Carsten Loll, International Group Head Real Estate bei DLA Piper.

Intellectual Property
"Nun wird es spannend zu beobachten, ob und inwieweit sich Großbritannien an europaweit abgestimmten Bemühungen um das Thema Connected Cars und Autonomes Fahren beteiligen wird", so Dr. Jan Geert. "Der Brexit stellt grenzüberschreitende Technologie-Deals vor neue Herausforderungen. Vertragliche Aspekte, die bislang aufgrund europaweiter Standards als gegeben angenommen werden durften, sind zukünftig unter Umständen Gegenstand intensiver Verhandlungen", sagt Dr. Jan Geert Meents, Partner im Bereich IPT bei DLA Piper.

Patentrecht
"Das Vereinigte Königreich hat im Zusammenhang mit dem geplanten Unified Patent Court eine wesentliche Rolle gespielt. Allerdings bedeutet der nun beschlossene Brexit nicht unbedingt das Ende des UPC und damit verbunden eine der größten Reformen in der Geschichte des europäischen Patentrechts. Allerdings wird dieses Ergebnis eine erhebliche Verzögerung verursachen. Zudem wird die Attraktivität ohne eine Beteiligung des UK deutlich reduziert sein", sagt Dr. Markus Gampp, Leiter der deutschen Patentrechtspraxis bei DLA Piper.

Marken- und Designrecht
"Die genauen Auswirkungen des Brexit auf EU-Marken und -Designs werden sich erst im Rahmen der Austrittsverhandlungen ergeben. Fest steht aber bereits jetzt, dass bestehende Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit dem Vollzug des Austritts ihre Schutzwirkung für Großbritannien verlieren. Es wird erwartet, dass die Briten den Rechteinhabern zur Vermeidung von Schutzlücken nationale Registrierungen anbieten. Die große Frage ist allerdings, zu welchen Bedingungen dies der Fall sein wird und ob hierfür weitere Kosten auflaufen", sagt Dr. Ulrike Grübler, Partnerin bei DLA Piper in Hamburg.

"Auch für Prozesse im Marken- und Designrecht hat der Brexit weitreichende Auswirkungen. So lässt sich auf der Basis von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern mit einem einzigen gerichtlichen Titel ein Verbot erwirken, die für alle EU-Staaten gilt. Verlässt Großbritannien die EU, wird sich die Reichweite solcher EU-weiten Gerichtsentscheidungen auf 27 Länder verringern und damit eine der bedeutendsten Volkswirtschaften Europas nicht mehr umfassen. Umgekehrt gilt, dass aus Großbritannien heraus solche Entscheidungen nicht mehr erwirkt werden können", so Dr. Ulrike Grübler, Partnerin bei DLA Piper in Hamburg.

Commercial
"Großbritannien ist nun mit einem Mal frei, das eigene Recht vollständig losgelöst von EU-Standards zu entwickeln. Dies scheint besonders relevant im europaweit vereinheitlichten Bereich Verbraucherschutz und Recht des Handelsvertreters. Eine Folge dieser Entwicklung könnte sein, dass weniger nicht-europäische Unternehmen ihr Europageschäft über Großbritannien ausrollen, sondern EU-Länder als Startpunkt bevorzugen, die als Mitgliedsstaaten auch dem vereinheitlichten Recht folgen. Zudem könnte der Brexit in Einzelfällen die hohen Vorrausetzungen der sog. Störung der Geschäftsgrundlage erfüllen, wonach Verträge anzupassen, eventuell sogar kündbar sind, wenn sich wesentlich Vertragsumstände ändern. Hier wird es sicher zu Meinungsverschiedenheiten kommen, ob ein solcher Fall konkret gegeben ist. Zudem werden die wirtschaftlichen Auswirkungen, zum Beispiel dann fällige Zölle, zu einer Vielzahl von Anpassungen und Neuverhandlungen von Verträgen führen", sagt Dr. Thilo von Bodungen, Partner und Co-Head der deutschen IPT-Praxis bei DLA Piper.

Regulatory
"Nach einem Brexit muss die Frage gestellt werden: Wie viel EU-Regulierung bleibt erhalten - in der Sache, aber auch auf anderer rechtlicher Grundlage. Dies gilt beispielsweise bezogen auf die Grundfreiheiten (Waren, Dienstleistungen, Niederlassungen, Ausbildungs- und Arbeitsplätze, Kapital)", sagt Dr. Ludger Giesberts, Leiter der deutschen Praxisgruppe Litigation & Regulatory bei DLA Piper.

"Trotz Brexit düfte auch hier gelten: Niemals geht man so ganz!", sagt Dr. Ludger Giesberts, Leiter der deutschen Praxisgruppe Litigation & Regulatory bei DLA Piper.

"Obwohl Brüssels sog. Überregulierung einer der Anlässe für den Brexit war, wird es nicht zu anderen neuen UK-Regulierungen kommen. Im britischen Produktsicherheitsgesetz wird nach dem Brexit vermutlich lediglich die Bezugnahme der zugrunde liegenden EU-Richtlinie gelöscht. Die Standards bleiben, da UK ja weiterhin Produkte in der EU verkaufen will", sagt Dr. Ludger Giesberts, Leiter der deutschen Praxisgruppe Litigation & Regulatory bei DLA Piper.
(DLA Piper: ra)

eingetragen: 28.06.16
Home & Newsletterlauf: 15.07.16

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