Jahr der Pflege als Jahr der Tatenlosigkeit


Koalition verschleppt dringend anstehende Pflegereform mit dem scheinheiligen Argument: "Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit"
SPD scheitert mit Vorstoß für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff - Nach Auffassung der Sozialdemokraten müssen Personen mit Demenz oder anderen psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen besser bei den Pflegeleistungen berücksichtigt werden


(30.09.11) - Die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs lässt weiter auf sich warten. Die SPD-Fraktion scheiterte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss mit einem entsprechenden Antrag (17/2480) an den Stimmen der Koalitionsfraktionen. Mit der SPD stimmte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für den Antrag, die Fraktion Die Linke enthielt sich. Nach Auffassung der Sozialdemokraten müssen Personen mit Demenz oder anderen psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen besser bei den Pflegeleistungen berücksichtigt werden. An Stelle der bisher drei sollten zudem fünf Pflegestufen rücken, heißt es in dem Antrag.

In der Diskussion im Ausschuss warf die Opposition der Koalition Tatenlosigkeit vor. "Der vielstimmige Chor in der Regierung zeugt nicht davon, dass wir in nächster Zeit eine überzeugende Reform bekommen", betonte die SPD-Fraktion. Genau darauf hätten die Menschen jedoch einen Anspruch. Die Linksfraktion bemängelte, dass der frühere Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) für 2011 "vollmundig" das Jahr der Pflege ausgerufen habe und dies von seinem Nachfolger Daniel Bahr (FDP) nun wieder zurückgenommen worden sei.

Die Grünen kritisierten, in der Zeit, die Schwarz-Gelb habe verstreichen lassen, sei in Sachen Pflegereform längst "ein Halbmarathon" hinzulegen gewesen. Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff sei neben der Finanzierungsfrage der "Dreh- und Angelpunkt" der Reform.

Die Koalition wies die Vorwürfe zurück. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, unterstrich die CDU/CSU-Fraktion. Es sei deshalb richtig, zur Klärung wichtiger Detailfragen erneut den Pflegebeirat einzusetzen, der bereits Kernpunkte für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff vorgelegt habe. So müssten Übergangsregeln gefunden und der bürokratische Aufwand eingedämmt werden. "Wenn wir fünf Pflegestufen haben, verlangt das von allen Beteiligten nicht mehr drei, sondern fünf Schritte", gab die Union zu Bedenken.

Die FDP-Fraktion erläuterte, es stehe außer Frage, dass demenziell Erkrankte eine besser Pflege erhalten müssten. "Gute Dinge" brauchten aber "manchmal etwas länger". Die Koalition nehme sich die Zeit, die Reform gut vorzubereiten, betonten die Liberalen. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen