Quotenregelung für Frauen in Aufsichtsräten


Aktiengesetz muss geändert werden: Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften müssen bis zum Jahr 2012 zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt sein
Anhörung im Rechtsausschuss: Mehrheit der Sachverständigen für eine Frauenquote in Unternehmen


(09.05.08) - Es gebe keine guten Gründe dafür, dass Frauen nur sechs Prozent der Mitglieder in den Führungsgremium der Aktiengesellschaften stellten, aber 50 Prozent der Bevölkerung Norwegens repräsentierten, so der ehemalige Wirtschaftsminister Norwegens, Ansgar Gabrielsen. Es sei "peinlich", dass in einem Land, das so viel für die Gleichberechtigung getan habe, Frauen von Führungspositionen in der Wirtschaft ausgeschlossen bleiben sollten, so Gabrielsen auf einer Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag (08.05.08.).

Thema war ein Antrag der Grünen (16/5279), in dem sich die Fraktion dafür aussprach, dass die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften bis zum Jahr 2012 zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssten. Dafür bedürfe es einer Änderung des Aktiengesetzes.

Beate Degen von den Wirtschaftjunioren Deutschlands sprach sich gegen eine Quotierung zugunsten von Frauen für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen aus. Eine Förderung von Frauen in Führungspositionen sei grundsätzlich zu befürworten, um mittelfristig eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft zu erreichen. Zusätzliche Regelungen und administrative Anforderungen schränkten aber Unternehmen in ihrer Flexibilität und damit auch in ihre Wettbewerbsfähigkeit ein, so Degen. Es sei zu hinterfragen, ob durch eine Quotenregelung für Frauen in Aufsichtsräten die Rolle von Frauen in Führungspositionen gestärkt werde. Um eine Gleichstellung von Frauen in der Privatwirtschaft zu fördern, so Degen, seien andere Maßnahmen als eine Quotenregelung für Aufsichtratsgremien erforderlich. Zu nennen seien etwa die Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten.

Patricia Solaro von der Bayer AG meinte ebenfalls, die Einführung einer Quote für Aufsichtsratsgremien führe an der Zielsetzung, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, vorbei. Eine Frauenquote im Aufsichtsrat schränke zudem die Unternehmen ein. Solaro warnte: "Dies führe zu einer Minderung des Standortes Deutschland."

Rainald Thannisch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte, seine Organisation unterstütze grundsätzlich die von den Grünen geforderte Erhöhung des Anteils von Frauen in Aufsichtsräten. Bezugsgröße solle aber keine abstrakte Zahl, sondern der jeweilige Frauenanteil im Unternehmen sein. Der DGB verpflichte sich, bis 2012 den Frauenanteil auf der Arbeitnehmerseite kontinuierlich zu erhöhen. Seine Organisation sehe aber eine "Bringschuld bei der Kapitalseite". Der Frauenanteil in Aufsichtsräten sei zurzeit fast ausschließlich durch DGB-Vertreterinnen zustande gekommen.

Anne Zimmermann vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag sprach sich gegen die vorgeschlagene Regelung aus. Gesetzliche Regelungen, wie im Antrag vorgeschlagen, führten nur zur weiterer Bürokratisierung und dem Aufbau von Hindernissen für Unternehmen. Die eigentliche Ursache, so Zimmermann, läge in der eingeschränkten Berufswahl von Frauen und Mädchen und in der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Norwegen seien die Bedingungen für erwerbstätige Eltern und vor allem für Frauen schon seit längerem deutlich besser, insbesondere, was die Kinderbetreuung betrifft.

Annette von Alemann von der Universität Bielefeld meinte, in Teilen der Gesellschaft werde immer noch die Annahme vertreten "Gute Frauen setzen sich schon von alleine durch". Dies stimme aber nicht. "Politischer Druck" sei deshalb erforderlich, ein "Bewusstseinswandel" nötig, um in den Unternehmen etwas zu ändern.

Professor Jutta Glock vom Deutschen Juristinnenbund e.V. begrüßte ebenfalls den Vorschlag der Grünen. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Unternehmen mit mindestens drei Frauen in Führungsgremien größeren wirtschaftlichen Erfolg erzielten. Grundsätzlich sei auch die Förderung nach Sanktionen positiv zu werten. Allerdings forderte die Sachverständige, parallel zur Einführung der Quote auch die qualitativen Anforderungen von Aufsichtsratsmandatsträger gesetzlich zu verankern. Die Unternehmen seien zu verpflichten, potentielle Aufsichtsratskandidaten entsprechend auszubilden. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Stand zum Emissionshandel für Gebäude und Verkehr

    Die Bundesregierung wird ein neues Klimaschutzprogramm vorlegen, das im Zeitraum bis zum Jahr 2030 auch Maßnahmen zur Treibhausgasminderungsquote im Bereich der durch die EU-Lastenverteilungsverordnung (ESR) erfassten Sektoren Gebäude und Verkehr enthalten wird. Die Maßnahmen für das Programm werden derzeit entwickelt. Das geht aus der Antwort (21/1072) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/762) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.

  • Fluggastrechteverordnung für reformbedürftig

    Die Bundesregierung lehnt die Erhöhung von Zeitschwellen für Entschädigungen in der Fluggastrechteverordnung der EU ab. Sie stellt sich damit gegen einen entsprechenden Beschluss des Rates der EU-Verkehrsminister, wie aus einer Antwort (21/962) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (21/749) hervorgeht. Eine solche "Abschwächung des Verbraucherschutzniveaus" lehne die Bundesregierung ab. Sie trete für einen "ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Fluggäste und der Luftfahrtunternehmen sowie der Reisewirtschaft" ein.

  • Digitalisierung des Gesundheitswesens

    Der Petitionsausschuss hält mehrheitlich an der Widerspruchslösung (Opt-out-Lösung) bei der elektronischen Patientenakte (ePA) fest. In der Sitzung verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Beschlussempfehlung an den Bundestag, das Petitionsverfahren zu der Forderung, die elektronische Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der Betroffenen anzulegen (Opt-in-Lösung), abzuschließen, weil keine Anhaltspunkte für parlamentarische Aktivitäten zu erkennen seien.

  • Angaben zu Cum-Cum-Geschäften

    Derzeit befinden sich 253 Cum-Cum-Verdachtsfälle mit einem Volumen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro bei den obersten Behörden der Länder und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/915) auf eine Kleine Anfrage (21/536) der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den rechtswidrigen Steuergeschäften.

  • Konformitätsbewertung von Produkten

    In einer Kleinen Anfrage (21/946) möchte die AfD-Fraktion von der Bundesregierung wissen, wie die EU-Maschinenverordnung (EU/2023/1230) im Hinblick auf KI-basierte Sicherheitssysteme angewendet und begleitet werden soll. Die Verordnung, die ab dem 20. Januar 2027 gilt, stellt laut Vorbemerkung der Anfrage neue Anforderungen an Maschinen mit eingebetteter Künstlicher Intelligenz.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen