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Was sind nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe?


Die erste und dringendste Priorität bleibt die Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU
Fragen und Antworten zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen



Der Grüne Deal ist die Wachstumsstrategie der EU. Auch wenn wir die Nutzung von fossilem Kohlenstoff drastisch verringern müssen, wird unsere Wirtschaft weiterhin Kohlenstoff benötigen, um funktionieren zu können. Der "Einweg"-Ansatz, bei dem Kohlenstoff aus fossilen Reserven gewonnen, genutzt und als Abgas in die Atmosphäre freigesetzt wird, ist jedoch nicht mit dem EU-Ziel der Klimaneutralität vereinbar. Wir müssen die Akkumulation von CO2 in der Atmosphäre, die eine der Hauptursachen der Erderwärmung ist, verlangsamen, beenden und umkehren, und zwar durch drei Schlüsselmaßnahmen:

Die erste und dringendste Priorität bleibt die Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU. Mit dem am 15. Juli angenommenen Paket "Fit für 55" schlug die Kommission eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent zu senken und die EU auf einen ausgewogenen Weg zur Klimaneutralität bis 2050 zu bringen, wie es im Europäischen Klimagesetz gefordert wird. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Abhängigkeit unserer Wirtschaft von Kohlenstoff zu verringern, indem die Effizienz unserer Gebäude, Verkehrsträger und Industrien verbessert und kohlenstoffbasierte Energie durch erneuerbaren Strom und erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoff ersetzt wird.

Zweitens wird in einigen Wirtschaftszweigen Kohlenstoff bis 2050 weiterhin wichtig sein: So müssen wir beispielsweise nachhaltige Flugkraftstoffe, Chemikalien oder Kunststoffe herstellen. Dieser Kohlenstoff sollte nicht aus fossilen Quellen stammen, sondern aus Abfallströmen in unserer Wirtschaft recycelt und aus nachhaltigen Biomassequellen oder direkt aus der Atmosphäre gewonnen werden. Mit der Kreislaufwirtschaft und einer nachhaltigen Bioökonomie kann dieses Ziel erreicht und sollten technologische Lösungen für die CO2-Abscheidung und -Nutzung (CCU) und die Herstellung von Produkten aus nachhaltigem, nichtfossilem Kohlenstoff gefördert werden.

Drittens müssen wir den CO2-Abbau erhöhen. Bis 2050 muss jede einzelne Tonne in die Atmosphäre emittiertes CO2-Äquivalent durch eine Tonne CO2, die aus der Atmosphäre entfernt wird, ausgeglichen werden. Die Menge an CO2, die jährlich von den Ökosystemen in Europa aus der Atmosphäre entfernt wird, ist jedoch rückläufig, und es gibt heute praktisch keine Lösungen für die Entfernung von CO2-Emissionen in der Industrie. Wir sind nicht auf Kurs, um für einen ausreichenden CO2-Abbau zu sorgen, sodass wir die verbleibenden unvermeidbaren Treibhausgasemissionen ausgleichen können, die wir bis 2050 aus Sektoren wie Landwirtschaft, Industrie oder Luftverkehr freisetzen werden. Daher brauchen wir eine Strategie, um die Entwicklung und Einführung von Lösungen zum CO2-Abbau in einem Umfang zu fördern, der mit unseren Klimazielen vereinbar ist.

Welche Strategie ist beim Abbau von CO2 aus der Atmosphäre am wirksamsten?
CO2 kann sowohl durch naturbasierte als auch durch technologische Lösungen aus der Atmosphäre entfernt und nachhaltig gebunden werden. Verbesserte Landbewirtschaftungsverfahren, die die CO2-Abscheidung fördern und/oder die Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre senken, gelten als klimaeffiziente Landwirtschaft ("carbon farming"), da sie zu einem Anstieg der Kohlenstoffbindung in den Ökosystemen führen. Technologische Lösungen zielen darauf ab, CO2 aus dem Produktionsprozess oder direkt aus der Luft abzuscheiden und von der Quelle zu einer geeigneten Speicherstätte zu transportieren, wo es über einen langen Zeitraum gespeichert werden kann.

Sowohl die klimaeffiziente Landwirtschaft als auch industrielle Lösungen sind notwendig, um jährlich mehrere hundert Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, und werden eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung des EU-Ziels der Klimaneutralität bis 2050 spielen.

Wie gedenkt die Kommission die Einführung einer klimaeffizienten Landwirtschaft in der EU zu fördern?
Um das von der Kommission im Rahmen der Überarbeitung der Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) vorgeschlagene Klimaziel von 310 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent für den Nettoabbau im EU-Landnutzungssektor für 2030 zu erreichen, müssen angemessene Anreize für den CO2-Abbau geschaffen werden.

Auf Ebene der Landbewirtschafter muss ein System eingerichtet und gefördert werden, um Land- und Forstwirte für eine zusätzliche von ihnen erzielte Kohlenstoffbindung zu belohnen. Derzeit schränken Herausforderungen bei der Umsetzung wie die finanziellen Anstrengungen, die für die Einführung neuer Bewirtschaftungsverfahren erforderlich sind, und das Fehlen solider Überwachungs-, Berichterstattungs- und Überprüfungssysteme die Verbreitung der klimaeffizienten Landwirtschaft in der gesamten EU ein. Die Komplexität der Messung der Kohlenstoffbindung in Verbindung mit unzureichend maßgeschneiderten Beratungsdiensten führt auch zu Unsicherheit hinsichtlich der möglichen Einnahmen für Landbewirtschafter.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird die Kommission die Rolle von EU-Finanzmitteln, insbesondere im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), stärken, den Zugang zu Beratungsdiensten fördern und mehrere Ausgaben finanzieren, die mit Regelungen und Verfahren der klimaeffizienten Landwirtschaft verbunden sind, sowie die Risiken für Landbewirtschafter verringern. Darüber hinaus wird die Kommission Forschung und Innovation im Rahmen von Horizont Europa, auch durch die Mission "Ein Boden-Deal für Europa", unterstützen, um Überwachungs- und Berichterstattungsinstrumente und digitale Lösungen weiterzuentwickeln und kombinierte Ansätze für die klimaeffiziente Landwirtschaft zu fördern, bei denen öffentliche Mittel durch Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Gutschriften auf freiwilligen CO2-Märkten mithilfe privater Mittel ergänzt werden. Neben anderen Schlüsselmaßnahmen wird die Kommission auch eine Expertengruppe einsetzen, um sich mit Interessenträgern über bewährte Verfahren im Bereich der klimaeffizienten Landwirtschaft auszutauschen und die Entwicklung von EU-Normen für die Zertifizierung des CO2-Abbaus zu unterstützen.

Wirken sich die klimaeffiziente Landwirtschaft und die Bioökonomie negativ auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme aus oder führen sie zur Verlagerung von CO2-Emissionen?
Verfahren der klimaeffizienten Landwirtschaft bringen wichtige Vorteile für die biologische Vielfalt und andere Ökosystemleistungen mit sich und müssen ökologische Grundsätze befolgen, die sich günstig auf die biologische Vielfalt und das Naturkapital auswirken und so die Umweltintegrität gewährleisten. Die klimaeffiziente Landwirtschaft wirkt mit anderen Initiativen des Grünen Deals zusammen und ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen anderer EU-Politikbereiche wie der Waldstrategie, der Biodiversitätsstrategie oder der langfristigen Vision für die ländlichen Gebiete. Aus diesem Grund stellen Initiativen für eine klimaeffiziente Landwirtschaft eine für alle Seiten vorteilhafte Lösung dar, bei der Klimaschutzmaßnahmen neue Einnahmemöglichkeiten für Landbewirtschafter in Verbindung mit ökologischen und sozialen Vorteilen schaffen können.

Angesichts der potenziellen Synergien zwischen politischen Maßnahmen und Zielen, die eine zusätzliche Nachfrage nach biologischen Ressourcen schaffen, dürfen industrielle Lösungen wie Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Bio-Energy Carbon Capture and Storage, BECCS) nicht zu einer übermäßigen Nachfrage nach Biomasse für Energie führen, was sich in Bezug auf den Druck auf Kohlenstoffsenken und -bestände, die biologische Vielfalt und die Luftqualität auswirken würde.

Die Folgenabschätzung zum Klimazielplan der EU für 2030 hat gezeigt, dass das Potenzial besteht, durch Technologien und bewährte Verfahren die Emissionen im europäischen Landsektor zu verringern und den Abbau zu steigern, ohne die Ernährungssicherheit und das Wirtschaftswachstum zu beeinträchtigen.

Welche Rolle spielt die industrielle CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung?
Die EU muss ihre Beschaffung von Kohlenstoff als Ausgangsstoff für die industrielle Produktion überdenken. Fossiler Kohlenstoff sollte durch nachhaltigere Ströme von Kohlenstoff aus recyceltem Abfall, aus nachhaltiger Biomasse und aus der direkten Abscheidung aus der Atmosphäre ersetzt werden. Modellrechnungen zeigen, dass das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 eine Abscheidung von 300 bis 500 Mio. t CO2 aus diesen Quellen erfordern könnte. Die EU-Wirtschaft wird das abgeschiedene CO2 für die Herstellung von synthetischen Brennstoffen, Kunststoffen, Gummi, Chemikalien und anderen Materialien verwenden, die Kohlenstoff als Ausgangsstoff benötigen. Der Bausektor verfügt in dieser Hinsicht über ein großes Potenzial: Holzkonstruktionen können Beton ersetzen, wobei die Ersetzung von CO2-intensivem Baumaterial mit der langfristigen Speicherung von CO2 kombiniert wird.

Die dauerhafte Speicherung von CO2 in geologischen Formationen ist eine Option, um Industrieemissionen zu mindern und CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, wenn das CO2 direkt aus der Atmosphäre (Direct Air Carbon Capture and Storage, DACCS) oder aus der Verbrennung oder Fermentierung biogenen Kohlenstoffs (BECCS) abgeschieden wird. Die CO2-Mineralisierung zusammen mit der Abscheidung von CO2 in innovativen Aggregaten ist ein weiteres Beispiel für vielversprechende langfristige CCU-Produkte. Die Entwicklung aller Arten des CO2-Abbaus, einschließlich industrieller Lösungen, sollte nachhaltig sein und negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme verhindern, insbesondere wenn es um ressourcen- oder energieintensive Technologien geht.

Wir brauchen eine starke EU-Strategie in diesem Bereich, um den Industriezweigen, der Kreislaufwirtschaft und der nachhaltigen Bioökonomie, denen eine Schlüsselrolle zukommt, das richtige Signal zu geben. Diese Strategie sollte sich auch mit der Infrastruktur und dem frei zugänglichen Transportnetz befassen, die für den Transport von CO2 vom Abscheidungsort zur Nutzung oder zu Speicherstätten über nationale Grenzen hinweg erforderlich sind. Die Forschungs- und Innovationspolitik, Horizont Europa und der EU-EHS-Innovationsfonds tragen entscheidend dazu bei, die Entwicklung und den Einsatz dieser Technologien in Europa zu unterstützen, die wir künftig in großem Maßstab benötigen werden.

Warum brauchen wir einen Zertifizierungsrahmen für den CO2-Abbau und was sind die wichtigsten Elemente, die berücksichtigt werden müssen?
Ein EU-Rechtsrahmen für die Zertifizierung des CO2-Abbaus würde eine transparente und zuverlässige Ermittlung von Lösungen ermöglichen, durch die CO2 wirksam und nachhaltig aus der Atmosphäre entfernt wird. Die Festlegung gemeinsamer Normen und Regeln für den effizienten CO2-Abbau würde eine nachhaltige und kostenwirksame Einführung von Lösungen für den Abbau in der Union fördern und das Risiko von Betrügereien und Irrtümern minimieren.

Bei dieser Zertifizierung besteht eine Reihe von Herausforderungen, die angegangen werden müssen. Beim CO2-Abbau besteht das Risiko einer unkontrollierten erneuten Emission (sog. "Non-permanence") und spezifischer Messschwierigkeiten, die zu Unsicherheiten hinsichtlich des tatsächlichen langfristigen Abbaus führen. In Bezug auf die klimaeffiziente Landwirtschaft werden in den bestehenden Zertifizierungsrahmen eine Vielzahl von Ansätzen vorgeschlagen, um zu quantifizieren, wie viel CO2 im Vergleich zu üblichen Landbewirtschaftungsverfahren abgebaut wird.

Mit den künftigen EU-Verbuchungs- und Zertifizierungsvorschriften werden wissenschaftlich solide Anforderungen in Bezug auf die Qualität der Messung, Überwachungsstandards, Berichtsprotokolle und Überprüfungsinstrumente festgelegt. Dieser Rahmen sollte für Transparenz und Umweltintegrität sorgen und negative Auswirkungen auf die Biodiversität und die Ökosysteme verhindern, insbesondere wenn es um ressourcen- oder energieintensive industrielle Lösungen geht. Er sollte ferner die Vergleichbarkeit und Anerkennung der bereits vor Ort begonnenen Maßnahme gewährleisten.

Die Kommission wird bis Ende 2022 einen Legislativvorschlag für einen Rechtsrahmen für die Zertifizierung des CO2-Abbaus vorlegen. Die Interessenträger werden aktiv in dessen Ausarbeitung und die zugehörige Folgenabschätzung einbezogen. Neben anderen Maßnahmen wird die Kommission eine Aufforderung zur Stellungnahme veröffentlichen, um das Verständnis der Kommission in Bezug auf den CO2-Abbau und die wichtigsten Aspekte der Verbuchung und Zertifizierung zu verbessern. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 07.01.22
Newsletterlauf: 17.03.22


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