Kartellvergehen: Phonak muss 4,2 Mio. Euro zahlen
Bundeskartellamt verhängt Bußgeld gegen Hörgerätehersteller Phonak GmbH
Phonak soll in "kartellrechtswidriger Weise" auf die Wiederverkaufspreise ihrer Produkte Einfluss genommen haben
(19.10.09) - Das Bundeskartellamt hat gegen die Phonak GmbH, einen der führenden Anbieter von Hörgeräten in Deutschland, ein Bußgeld i.H.v. 4,2 Mio. Euro verhängt. Das Unternehmen ist eine Tochter der schweizerischen Sonova Holding AG und vertreibt deren Hörgeräte in Deutschland. Der Phonak GmbH wird vorgeworfen, in kartellrechtswidriger Weise auf die Wiederverkaufspreise ihrer Produkte Einfluss genommen zu haben.
Hörgeräte werden in Deutschland in der Regel vom Hersteller über den Hörgeräteakustikhandel an den Endkunden verkauft. Nach Überzeugung des Bundeskartellamtes ist der Vertrieb von Hörgeräten sowohl auf Herstellerebene als auch auf der Ebene der Hörgeräteakustiker durch mangelnden Preiswettbewerb gekennzeichnet. Dieser mangelnde Wettbewerb ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass für den Endkunden beim Kauf eines Hörgerätes keine hinreichende Produkt- und Preistransparenz besteht.
Im vorliegenden Fall hatte ein einzelner Hörgeräteakustiker die Preise für Hörgeräte sämtlicher Hersteller im Internet veröffentlicht. Bei Phonak-Hörgeräten lagen diese zum Teil sehr deutlich unterhalb der bis dato im Markt üblichen Preisuntergrenze. Hierauf beschwerten sich andere Hörgeräteakustiker aus dem ganzen Bundesgebiet bei der Phonak GmbH über den Preisbrecher. In der Folge ging die Phonak GmbH mit Liefersperren gegen den betroffenen Hörgeräteakustiker vor, um diesen - im Ergebnis erfolgreich - zu veranlassen, seine Weiterverkaufspreise anzuheben.
Die einseitige Vorgabe von unverbindlichen Preisempfehlungen ist nach geltendem Recht grundsätzlich zulässig. Ordnungswidrig handelt jedoch, wer zu ihrer Durchsetzung dem Abnehmer Nachteile androht oder zufügt oder ihm Vorteile verspricht oder gewährt. Eine Liefersperre ist ein solcher Nachteil.
Das Bundeskartellamt misst dem beschriebenen Vorgehen hier eine über den Einzelfall hinausgehende wettbewerbliche Bedeutung zu. Die Ausschaltung des einen preisaktiven Internetanbieters war dazu geeignet und bestimmt, die auf dem deutschen Markt für den Handel mit Hörgeräten insgesamt herrschende Preisstabilität aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen. Ist aber der Preiswettbewerb auf Einzelhandelsebene ohnehin eingeschränkt, so wiegt jede weitere Verhinderung vorstoßenden Wettbewerbs umso schwerer.
Phonak bestreitet die über den Einzelfall hinausgehende Wirkung des vorgeworfenen Verhaltens, hat aber dennoch angekündigt, von Rechtsmitteln abzusehen. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
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