Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Konzentration bei Einkaufskooperationen


Große Einkaufskooperation im Möbelhandel abgewendet
Nach den einschlägigen EU-Leitlinien über horizontale Zusammenarbeit können Einkaufskooperationen wettbewerbsbeschränkende Wirkungen haben, wenn ihre Marktanteile 15 Prozent übersteigen



Das Bundeskartellamt hat das Verwaltungsverfahren wegen des beabsichtigten Zusammengehens der Möbeleinkaufskooperationen VME Union GmbH und KHG GmbH & Co. KG (Krieger/Höffner-Gruppe) nach Aufgabe des Vorhabens eingestellt. Die VME Union (einschließlich des mit VME kooperierenden Küchenhandelsverbandes MHK) ist die größte Einkaufskooperation für Möbel in Deutschland. Zusammen mit KHG hätte der neue Verband Marktanteile im deutschen Möbelhandel und insbesondere im Bereich des Küchenhandels erreicht, die die kartellrechtlichen Grenzen zulässiger Einkaufskooperationen deutlich überschritten hätten. Nachdem das Bundeskartellamt den Beteiligten seine Bedenken informell mitgeteilt hatte und auch Gespräche über Modifikationen die Bedenken nicht ausräumen konnten, wurde das Vorhaben jetzt aufgegeben.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Dass die meisten Möbelhändler in Deutschland Einkaufskooperationen angehören, ist kartellrechtlich akzeptabel und aufgrund der vielfach klein- und mittelständisch geprägten Marktstruktur auch sinnvoll, um im Einkauf wie im Verkauf mit den "Großen" wie Ikea und XXXLutz konkurrieren zu können. Das Bundeskartellamt steht derartigen Kooperationen nicht im Wege. Allerdings sind die europaweit geltenden Maßstäbe und Grenzen für die Größe einer Kooperation zu beachten. Diese waren nach den vorläufigen Erkenntnissen des Bundeskartellamtes in diesem Fall klar überschritten. Bei der Beurteilung solcher Kooperationen müssen wir immer auch eventuelle Nachteile für die Verbraucher sowie für die Marktgegenseite, also hier kleine und mittelständische Möbelhersteller im Blick haben."

Nach den einschlägigen EU-Leitlinien über horizontale Zusammenarbeit können Einkaufskooperationen wettbewerbsbeschränkende Wirkungen haben, wenn ihre Marktanteile 15 Prozent übersteigen. Dies wäre hier für den Möbelhandel in Deutschland und auch in den separat ermittelten Bereichen Küchen und Polstermöbel deutlich der Fall gewesen. Da die angeschlossenen Möbelhändler den überwiegenden Teil ihres Einkaufs über ihre jeweilige Kooperation abwickeln, kommt es zur Angleichung eines wesentlichen Kostenblocks. Im Weiterverkauf an Endkunden führt dies zu Beschränkungen im Preis- und im Sortimentswettbewerb. VME, MHK und Union sind über ihre Mitgliedsunternehmen flächendeckend in Deutschland vertreten, auch die Krieger-Gruppe ist in den bevölkerungsreicheren Regionen regelmäßig vertreten. Gründe für eine ausnahmsweise kartellrechtliche Freistellung waren im bisherigen Verfahren nicht ersichtlich.

Einer förmlichen Entscheidung kamen die Beteiligten durch die Aufgabe des Beitritts der Krieger-Gruppe zuvor. Ein Fallbericht zu diesem Verfahren wird zeitnah folgen.

Das Bundeskartellamt beobachtet, wie bereits bei Verfahrenseinleitung festgestellt, mit gewisser Sorge die zunehmende Konzentration bei Einkaufskooperationen im Möbelhandel. Jüngst kam es zum Zusammengehen der Verbände EMV und Garant. Der Giga-Verband, den die XXXLutz-Gruppe anführt, wuchs infolge der Übernahmen der Möbelhändler Poco und Dodenhof durch XXXLutz ebenfalls deutlich.

Ein häufig bei Handelsunternehmen und Einkaufsverbänden auftretendes Phänomen sind zudem besondere Rabattforderungen nach Aufkäufen kleinerer Wettbewerber oder nach einem Zusammenschluss von Verbänden ("Hochzeitsrabatt", "Integrationsbonus", "Konzentrationsbonus" o.ä.). Häufig werden solche Forderungen auch unterjährig im Rahmen laufender Lieferverträge gestellt, so dass ein Hersteller eine Auslistung für das Folgejahr befürchten muss, wenn er dem Zusatzrabatt nicht zustimmt. Solche Forderungen können kartellrechtlich bedenklich sein, wenn das neue Unternehmen bzw. der neue Verband eine marktstarke Position besitzt oder sogar marktbeherrschend ist und mit der Forderung keine objektiv nachvollziehbare Gegenleistung verbunden ist.

Zudem hat das Bundeskartellamt den unterjährig von der XXXLutz-Gruppe pauschal geforderten Jubiläumsrabatt für "75 Jahre XXXLutz" (2020) in Höhe von 7,5 Prozent in zwei Dreimonatszeiträumen in 2020 aufgegriffen und das Unternehmen zur Stellungnahme aufgefordert. (Bundeskartellamt)

eingetragen: 15.09.19
Newsletterlauf: 29.10.19



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Wettbewerbsprozess auf dem Amazon-Marktplatz

    Das Bundeskartellamt hat seine vorläufige rechtliche Einschätzung zur Einflussnahme auf die Preise der Marktplatzhändler auf dem Amazon Marketplace sowie der Marketplace-Richtlinie zur angemessenen Preisgestaltung an die Amazon.com Inc., Seattle, USA, und die Amazon EU S.à r.l., Luxemburg (gemeinsam im Folgenden "Amazon"), übersandt. Händler, die ihre Angebote auf der Amazon-Handelsplattform anbieten, sollen bestimmte von Amazon vorgegebene Preisgrenzen nicht überschreiten. Darin könnte nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes ein Missbrauch nach den besonderen Vorschriften für große Digitalunternehmen (§ 19a Abs. 2 GWB) sowie ein Verstoß gegen die allgemeinen Missbrauchsvorschriften des § 19 GWB und Artikel 102 AEUV liegen. Amazon hat jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Zahlreiche Aufträge zugeschoben

    Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Straßenreparatur-Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 10,5 Mio. Euro wegen Kunden- und Submissionsabsprachen verhängt. Beteiligt waren die Unternehmen AS Asphaltstraßensanierung GmbH (AS), Langwedel, bausion Strassenbau-Produkte GmbH (bausion), Landsberg, BITUNOVA GmbH (BITUNOVA), Krefeld, Gerhard Herbers GmbH (Herbers), Spelle, Liesen … alles für den Bau GmbH (Liesen), Lingen, Mainka GmbH Straßenunterhaltung, Rüdersdorf bei Berlin (Mainka) und MOT Müritzer Oberflächentechnik GmbH (MOT), Röbel/Müritz.

  • Fitness- und Wellbeing-Angebote

    Das Bundeskartellamt hat den Erwerb der Urban Sports GmbH (USC) durch Wellhub, Inc. (Wellhub) freigegeben. Wellhub und USC sind als sog. Fitness- und Wellbeing-Aggregatoren tätig. Sie bieten Rahmenverträge für Firmenkunden an, auf deren Basis die Mitarbeitenden verschiedene Fitness- und Wellbeing-Angebote nutzen können. USC hat daneben auch ein Angebot für private Nutzende.

  • Compliance-Maßnahmen müssen gelebt werden

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Sennheiser electronic SE & Co. KG mit Sitz in Wedemark, die Sonova Consumer Hearing Sales Germany GmbH mit Sitz in Wedemark sowie drei verantwortlich handelnde Mitarbeitende Geldbußen in Höhe von insgesamt knapp sechs Mio. Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Unter der Marke "Sennheiser" werden hochwertige Produkte im Bereich der Unterhaltungselektronik produziert und vertrieben.

  • Schwerpunkt im Rüstungsbereich

    Das Bundeskartellamt hat einen Anteilserwerb an der Renk Group AG, Augsburg, durch die KNDS N.V., Amsterdam (Niederlande), freigegeben. KNDS beabsichtigt, ihre Beteiligung an Renk auf 25 Prozent + 1 Stimme aufzustocken. Renk hat ihren Schwerpunkt im Rüstungsbereich und vertreibt insbesondere Getriebe und Federungssysteme für militärische Fahrzeuge und bietet entsprechende After-Sales-Produkte und -Dienstleistungen an.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen