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Gattungsbegriff und Ortsname als Domain


Keine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung: Verknüpfung von Gattungsbegriff und Ortsname als Domain zulässig
Gericht verwies auf den im Domain-Recht geltenden Prioritätsgrundsatz "first come, first served"


(09.01.09) - Auf einen Fall, bei dem es um die Verknüpfung von Gattungsbegriff und Ortsname im Domain-Namen ging, weist die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hin. Die Parteien sind als Rechtsanwälte in derselben Stadt tätig. Der Antragsteller rügte in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 4 U 63/08 - Urteil vom 19. Juni 2008) unter Berufung auf § 3 UWG ("Verbot unlauteren Wettbewerbs") die Verwendung der Domain "anwaltskanzlei-[ortsname].de" durch den Antragsgegner. Er sah hierin eine unzulässige Spitzenstellungswerbung und begründete seine Auffassung unter anderem damit, dass die Kanzlei bei einer Standardsuche im Netz regelmäßig unter den ersten Treffern zu finden sei und Mandanten damit wettbewerbswidrig "umgelenkt" würden.

Die Entscheidung
Das Gericht folgte dem Vortrag des Antragstellers nicht und verwies auf den im Domain-Recht geltenden Prioritätsgrundsatz "first come, first served". Vorteile, die aus dem Halten und Benutzen einer zuerst registrierten Domain entstehen, seien nicht per se wettbewerbswidrig.

Ein Verstoß gegen das Lauterkeitsrecht könne sich nur ergeben, wenn der Verkehr in der Verwendung des Domain-Namens die Behauptung einer nicht vorhandenen Spitzenstellung sehe. Dies setzt nach Ansicht des Gerichts mindestens voraus, dass einer Bezeichnung der bestimmte Artikel hervorhebend vorangestellt wird ("die-anwaltskanzlei-[ ortsname].de").

Der Ortsname allein kann jedoch keine Herausstellung im Sinne einer wettbewerbswidrigen Spitzenstellungsbehauptung leisten. Denn dem Verkehr ist nach Auffassung des Gerichts regelmäßig bekannt, dass es in großen Städten eine Fülle von Rechtsanwaltskanzleien gibt. Von daher werde der Anfügung des Ortsnamens nur die Bedeutung der Angabe des Sitzes der Kanzlei zugemessen. Angaben über die Zahl der Anwälte und deren Spezialisierung enthielt die beanstandete Domain gerade nicht, sodass auch insoweit eine Spitzenstellungsbehauptung bzw. Irreführungsgefahr nicht vorlag.

Eine Irreführung des Verkehrs sah das Gericht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Umleitens von Kundenströmen durch Suchmaschinentreffer. So führte es auch hierzu aus, dass der Vorteil, den derjenige erlangt, der ein knappes Gut für sich sichern will, nicht per se wettbewerbswidrig sei und somit auch aus dem Erreichen einer guten Platzierung in Internet-Suchmaschinen aufgrund der Verknüpfung des Begriffs "Anwaltskanzlei" und des Ortsnamens nicht ohne Weiteres auf die Wettbewerbswidrigkeiten geschlossen werden könne.

Kommentar der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft
Die Entscheidung führt zu einer Änderung der Rechtsprechung des OLG Hamm. Nach der bisher vom Gericht vertretenen Auffassung konnte bereits die Verknüpfung eines Gattungsbegriffs mit einem Ortsnamen eine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung begründen. Nach dieser Rechtsprechung wird dies nunmehr nur ausnahmsweise der Fall sein, wenn zusätzlich bestimmte Werbeinhalte eine solche Spitzenstellung nahelegen. Dafür ist darauf abzustellen, was in der jeweiligen Branche eine wirtschaftliche Sonderstellung begründen könnte. (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: ra)


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