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Haftung des Access-Providers


Werbung für rechtsmissbräuchliche Nutzung eines Internetzugangs
Die sogenannte Störerhaftung von Diensteanbietern, insbesondere von Access-Providern, wird sehr uneinheitlich gehandhabt


(17.07.09) - Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH weist auf ein Urteil des OLG Hamburg hin, das Klage der Verwertungsgesellschaft GEMA stattgegeben hatte. Der Fall: Die GEMA ging gegen den Anbieter des Internet-Dienstes "Alphaload" vor, der seinen Nutzern Zugang zu einem eigenen, mit dem Internet kompatiblen Netzwerk ("Usenet") ermöglichte. Durch dieses Netwerk konnten auch Musik- und Bilddateien ausgetauscht werden.

Bei der Werbung für "Alphaload" wurde einerseits die Anonymität des Dienstes betont, andererseits auf rechtliche Unsicherheiten und bestehende Risiken bei Internet-Tauschbörsen hingewiesen. Rechtsverletzende Inhalte konnten von den Nutzern beanstandet werden und wurden vom Betreiber des Ursprungsservers gelöscht. Die GEMA begehrte Unterlassung der Zugänglichmachung für 139 Musikwerke, deren Rechte von ihr wahrgenommen werden.

Die Entscheidung
Das OLG Hamburg (Urteil vom 28. Januar 2009, Az. 5 U 255/07) hat der Klage der Verwertungsgesellschaft GEMA mit der Begründung stattgegeben, der Anbieter von "Alphaload" hafte als sog. Störer wegen adäquat-kausaler Beiträge zum Verletzungserfolg. Denn bereits die Eröffnung des Zugangs zum Netzwerk schließe "schon allgemein die nicht fern liegende Möglichkeit ein, dass es hierbei zu Rechtsverletzungen der vorliegenden Art kommen kann", wenn – wie vorliegend – allgemein bekannt sei, dass über das Netzwerk urheberrechtlich geschützte Musikdateien in erheblichem Umfang zugänglich gemacht werden.

Zudem sei die öffentliche Zugänglichmachung von mp3-Dateien dem Anbieter von "Alphaload" vor allem deshalb zuzurechnen, weil sie die Nichtverfolgbarkeit von Urheberrechtsverletzungen bewerbe und ihre Mitgliedern über das Angebot der technischen Rahmenbedingungen hinaus zum Rechtsbruch "ermuntere", indem sie eine speziell für die gezielte Titelsuche und den einfachen Download von Musikdateien aus dem Netzwerk geeignete Software bereitstellt.

Den die Access-Provider privilegierenden Haftungstatbeständen des Telemediengesetzes (§§ 7-10 TMG) trägt das OLG Hamburg dadurch Rechnung, dass es dem jeweiligen Geschäftsmodell angepasste Prüfungspflichten erörtert und aufgrund der getroffenen Werbeaussagen zu einem besonders strengen Maßstab kommt: "Wenn der Zugangsvermittler die Inanspruchnahme seines Dienstes mit der Möglichkeit der Rechtsverletzungen aktiv und offensiv bewirbt, steigert er die seinem Dienst von Natur aus innewohnende Gefahr einer Rechtsverletzung so erheblich, dass ein Entfallen der Funktionsprivilegierung geboten ist."

Dieser strengen Beurteilung konnte der Provider durch das bloße Verbot urheberrechtsverletzender Nutzung in den AGB und die Beanstandungs- und Löschfunktionen wegen "offensichtlich fehlender Eignung" bzw. uneffektiver Umsetzung der Funktion nicht entkommen.

Kommentar der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft:
Die Entscheidung des OLG Hamburg verdeutlicht, wie uneinheitlich die sog. Störerhaftung von Diensteanbietern, insbesondere von Access-Providern, gehandhabt wird. Unmissverständlich klargestellt ist, dass wenn die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs zur Zweckbestimmung erhoben und dies entsprechend beworben wird, keine Privilegierungen mehr greifen können. Der Access-Provider kann dann künftig auch nicht mit Erfolg einwenden, dass ihm lediglich das Unterlassen nur der Bewerbung abverlangt werden kann. (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: ra)

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: Steckbrief

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