Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Abschreckung für wettbewerbliche Vorstöße


Markt für Schließzylinder: Bundeskartellamt untersagt Zusammenschlussvorhaben von Assa Abloy und SimonsVoss
Der Zusammenschluss hätte zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von Assa Abloy und SimonsVoss geführt


(07.11.08) - Das Bundeskartellamt hat am 5. November 2008 den beabsichtigten Erwerb der SimonsVoss AG, Unterföhring, durch die schwedische Assa Abloy-Gruppe untersagt. Assa Abloy ist ein weltweit tätiges Unternehmen und bietet mechanische Schließzylinder, mechatronische Schließzylinder und Produkte der Zutrittskontrolle an. In Deutschland sind Produkte von Assa Abloy insbesondere unter den Markenbezeichnungen Ikon, effeff und Keso bekannt. SimonsVoss stellt elektronische Schließzylinder her. Dabei handelt es sich um Schließzylinder, die ohne Schlüssel und lediglich mit einer elektronischen Identifikation (Karte, Chip) arbeiten.

Die mechatronischen Zylinder von Assa Abloy arbeiten ebenfalls mit einer elektronischen Identifikationskomponente, benötigen jedoch zusätzlich die mechanische Identifikation durch einen Schlüssel. Die Gesamtumsätze von Assa Abloy betragen weltweit ca. 3,5 Mrd. Euro, die von SimonsVoss ca. 30 - 40 Mio. Euro. Von dem Zusammenschluss ist der deutsche Markt für mechatronische und elektronische Zylinder betroffen, auf dem Assa Abloy und SimonsVoss einen gemeinsamen Marktanteil von 65 - 70 Prozent haben (Assa Abloy 25 - 30 Prozent und SimonsVoss 40 - 45 Prozent). Der Marktanteilsabstand zum nächstfolgenden Wettbewerber beträgt mehr als 50 Prozentpunkte. Der Markt weist im Übrigen eine weitgehend zersplitterte Struktur auf.

Das Zusammenschlussvorhaben hätte zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von Assa Abloy und SimonsVoss geführt. Zwar ist in den nächsten Jahren von einem starken Wachstum des noch jungen Marktes für mechatronische und elektronische Zylinder auszugehen.

Gleichwohl hätten Assa Abloy und SimonsVoss nach dem Zusammenschluss auf dem Markt über eine nahezu unangreifbare Stellung verfügt: Diese ergibt sich daraus, dass zum einen SimonsVoss über hohen Marktanteil, Technologieführerschaft und Vorrangstellung im Bereich der elektronischen Zylinder verfügt. Zum anderen ist Assa Abloy in Deutschland der mit Abstand größte Anbieter von mechanischen Schließanlagen und mechatronischen Zylindern. Keiner der überwiegend mittelständischen Wettbewerber auf dem Markt kann in dem F & E-intensiven Markt vergleichbare Mittel einsetzen, um ein wirksames Gegengewicht im Wettbewerb aufzubauen.

Außerdem verfügen Assa Abloy und SimonsVoss durch ihren überlegenen Zugang zu den Absatzmärkten über ein übermächtiges Abschreckungspotential für wettbewerbliche Vorstöße: Aufgrund des herausragenden wirtschaftlichen Gewichts gegenüber dem Handel kann Assa Abloy die markttypischen Rabattsysteme dahingehend einsetzen, dass für die Sicherheitsfachgeschäfte als Hauptvertriebskanal ein starker Anreiz besteht, vornehmlich Produkte der Zusammenschlussbeteiligten einzusetzen.

Das Bundeskartellamt konnte nicht feststellen, dass die weitere Entwicklung der Marktverhältnisse die Marktmacht von Assa Abloy und SimonsVoss nach dem Zusammenschluss hinreichend beschränkt hätte. Die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf einem technologischen Zukunftsmarkt war daher nur durch die Untersagung des Zusammenschlusses zu verhindern. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf möglich. (Bundeskartellamt: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Aufklärung des Kartellverstoßes

    Das Bundeskartellamt hat gegen die Pfanner Schutzbekleidung GmbH, Koblach (Österreich), eine Geldbuße in Höhe von 783.900 Euro wegen vertikaler Preisbindung verhängt. Die Pfanner Schutzbekleidung GmbH (nachfolgend: Pfanner) und ein (nicht bebußtes) Schwesterunternehmen vertreiben über Fachhändler in Deutschland hochwertige und hochpreisige Funktions- und Schutzkleidung.

  • Innenliegende Sonnenschutzprodukte

    Die Hunter Douglas GmbH, Düsseldorf, hat die Anmeldung zum Erwerb der erfal GmbH & Co. KG, Falkenstein/Vogtland, aufgrund von wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes zurückgenommen. Bei dem mittelständischen Zielunternehmen erfal handelt es sich um einen Hersteller von Produkten für Insektenschutz sowie für innen- und außenliegenden Sonnenschutz.

  • Radare und optoelektronische Systeme

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH, München, durch die Hensoldt Holding Germany GmbH, Taufkirchen, freigegeben. Über die Förderbank KfW ist der Bund mit 25,1 Prozent an der Hensoldt beteiligt.

  • Hoher wirtschaftlicher Druck

    Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens von vier evangelischen Trägern im Ruhrgebiet freigegeben. In dem künftigen Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Herne wollen die vier Organisationen Innere Mission - Diakonisches Werk Bochum e.V., Evangelischer Kirchenkreis Herne / Castrop-Rauxel KdöR, Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid e.V. und Evangelische Stiftung Augusta (Bochum) ihre Tätigkeiten gemeinsam erbringen.

  • Kein Alleinerwerbsverbot mehr

    Das Bundeskartellamt hat die Prüfung des Vermarktungsmodells weitgehend abgeschlossen, das die Deutsche Fußball Liga (DFL) für die Vergabe der Medienrechte an den Spielen der Bundesliga und der 2. Bundesliga ab der Saison 2025/26 umsetzen möchte.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen