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Der "Wutbürger" in der Finanzkrise


"Occupy"-Bewegung: Spielbälle des wirtschaftlich-politischen Systems? Wer darf entscheiden, was systemrelevant ist?
Zahlreiche Menschen hätten dagegen den Eindruck, dass zurzeit nur bestimmte Organisationen und Institutionen der Finanzbranche geschützt würden, weil sie "systemrelevant" seien


(21.12.11) - Die von vielen "Occupy"-Demonstrantinnen und –Demonstranten vermutete Einseitigkeit bei wichtigen Entscheidungen zur Finanzkrise lässt auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ein "Gerechtigkeitsdefizit" aufkommen, das den Keim zur Erosion staatlicher Legitimität in sich trage, befürchtet der Wirtschaftswissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. Jürgen Weibler von der FernUniversität in Hagen.

Eine "Re-Formation" der Markwirtschaft und eine "Re-Demokratisierung" der Politik: Das fordern die Demonstranten der "Occupy!"-Bewegung in letzter Konsequenz nach Ansicht von Prof. Dr. Jürgen Weibler, FernUniversität in Hagen. Es gehe ihnen nicht um die Abschaffung von Marktwirtschaft und Demokratie, im Gegenteil. Sie wollten das System wieder durchschaubar und von Auswüchsen und Maßlosigkeiten "gereinigt" haben – eine Art "neue soziale Marktwirtschaft".

Seit Monaten demonstrieren in aller Welt Menschen, weil sie sich als Spielbälle von Politik und Finanzwirtschaft sehen: "Occupy Wall-Street!" Für den Betriebswirt und Psychologen Prof. Weibler ist es eine ganz neue Dimension, dass auch Menschen aus der Mittelschicht immer wieder auf die Straße gehen, weil sie sich ihrem eigenen politischen und wirtschaftlichen System ausgeliefert fühlen: "Im Ausmaß abgeschwächt, aber immerhin, sehen wir in letzter Zeit auch in Deutschland demonstrierende Bürgerinnen und Bürger, oft zum ersten Mal im Leben."

Die Anonymität dieses Systems ist für Weibler "fast kafkaesk" geworden – man könne für das, was geschehe, keine einzelne Person mehr verantwortlich machen. Angegriffen würden deswegen Symbole des Systems: Investmentbanker, Investoren, einzelne Firmen oder auch Politiker. Die Demonstrierenden forderten ein Wirtschaftssystem, in dem der Mensch im Mittelpunkt stehe, so der Inhaber des Lehrstuhls für BWL, insb. Personalführung und Organisation. Und besonders engagierte, gut ausgebildete junge Menschen wollten wieder Berufsperspektiven haben, die in vielen Ländern fehlen.

Zahlreiche Menschen hätten dagegen den Eindruck, dass zurzeit nur bestimmte Organisationen und Institutionen der Finanzbranche geschützt würden, weil sie "systemrelevant" seien. Doch was heiße das überhaupt? Kaum jemand hinterfrage das genauer, kritisiert Weibler: Für welches System sei die Institution relevant? Wer dürfe entscheiden, was systemrelevant ist?

Die öffentliche Wahrnehmung sei mehrheitlich: "Die wirklich wichtigen Entscheidungen werden von kleinen elitären Zirkeln getroffen, zu denen sogar nur ganz wenige Mitglieder in der Bundesregierung gehören – und diese sprechen vor allem mit Spitzen der Finanzbranche." Andere gesellschaftliche Kräfte würden nicht offensiv einbezogen, manchmal hingegen sogar ausgetrickst. Denn statt durch Argumente und Transparenz zu überzeugen, versuche die "Entscheidungselite", Bewusstsein durch Sprache zu lenken und Diskussionen zu verhindern, etwa durch das Schöpfen oder wiederholte Benutzen von Wörtern wie "systemrelevant" oder "alternativlos". Es gebe, so Weibler, jedoch z.B. "keine belastungsfesten Modelle, die eindeutig zeigten, wie der Zusammenbruch einer Bank oder die Herauslösung eines Landes aus einem Verbund das System verändert und welche Folgen dann für andere Bereiche entstehen." Diese Vagheit und vermutete Einseitigkeit bei Entscheidungen lasse ein Gerechtigkeitsdefizit aufkommen, das den Keim zur Erosion staatlicher Legitimität in sich trage. Dies sei deshalb fatal, weil der Staat zukünftig mehr denn je auf eben diese Legitimität angewiesen sei. (FernUniversität in Hagen: ra)

Unter http://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/presse/medieninformationen/2011-12-05-weibler-wutbuerger.doc
ist ein ausführlicher Text hierzu zu finden

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Meldungen: Europäische Kommission

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    Die Europäische Kommission startet eine Aufforderung zur Stellungnahme und eine öffentliche Konsultation, mit denen Interessenträger aufgefordert werden, ihre Standpunkte zur Zukunft der EU-Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften zu übermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluierung, die im September 2024 mit der Veröffentlichung einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen abgeschlossen wurde, hat die Kommission beschlossen, das Verfahren zur Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einzuleiten, wobei es insbesondere darum gehen wird, die Vorschriften angesichts transformativer Veränderungen wie der Digitalisierung der Wirtschaft anzupassen. Alle Interessenträger können bis zum 2. Oktober 2025 Stellung nehmen.

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    Die Europäische Kommission hat einen strukturierten Reflexionsprozess zur Überprüfung der EU-Betrugsbekämpfungsarchitektur in Gang gesetzt. Die Überprüfung ergänzt die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Ziel ist es, einen verstärkten und effizienteren Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten.

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    Die Europäische Kommission hat Vivendi ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass das Unternehmen gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach der EU-Fusionskontrollverordnung sowie gegen die Bedingungen und Auflagen des Kommissionsbeschlusses vom 9. Juni 2023 über die Genehmigung der Übernahme von Lagardère durch Vivendi verstoßen hat.

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    Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Corning nach den EU-Kartellvorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Die Verpflichtungen räumen die Bedenken der Kommission aus in Bezug auf von Corning geschlossene mutmaßlich wettbewerbswidrige Alleinbezugsvereinbarungen für Alkali-Aluminosilikatglas (im Folgenden "Alkali-AS-Glas"), das hauptsächlich als Abdeckglas in Smartphones und anderen tragbaren Elektronikgeräten zum Einsatz kommt.

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    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, um zu ermitteln, ob KKR & Co. Inc. (im Folgenden "KKR") der Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens zur Übernahme des Unternehmens NetCo unrichtige oder irreführende Angaben übermittelt hat.

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