Steuersenkung nicht an die Kunden weitergegeben?


Hotelbranche verteidigt ermäßigten Mehrwertsteuersatz: Arbeitsplätze bleiben in Deutschland bleiben
Nach Branchenangaben stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 94.000

(12.03.12) - Die Deutsche Hotelbranche hat den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Übernachtungsdienstleistungen massiv verteidigt. In einem Gespräch mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie verwiesen der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ernst Fischer, und Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges auf zahlreiche dadurch möglich gewordene Investitionen. Hartkes berichtete, es seien 860 Millionen Euro Investitionen möglich geworden. Ermäßigte Mehrwertsteuersätze seien in Europa im Hotelgewerbe mehr die Regel denn die Ausnahme. 23 Länder hätten ermäßigte Sätze. Alle Nachbarländer Deutschlands mit Ausnahme von Dänemark würden ermäßigte Mehrwertsteuersätze anwenden.

Fischer erklärte, durch die bessere Ertragssituation sei es für viele Betriebe auch leichter geworden, an Kredite für Investitionen zu kommen. "Die Steuersenkung war somit ein echtes Konjunkturprogramm für das lokale Handwerk und die Zulieferindustrie", sagte Fischer.
Für die FDP-Fraktion war der Bericht der Dehoga-Vertreter Beleg für die erhebliche positive Auswirkung der Steuersenkung. Es zeige sich, dass aufgeschobene Investitionen jetzt nachgeholt würden. Dagegen vermochten Bündnis 80/Die Grünen Fischers Aussage, die Steuersenkung komme einem Konjunkturprogramm gleich, nicht folgen. Wäre das so, dann müsse die Steuer bei besserer Lage wieder auf 19 Prozent angehoben werden. Außerdem sei die Angabe höherer Investitionen nicht einleuchtend. Das würde bedeuten, dass die Steuersenkung nicht an die Kunden weitergegeben worden sei.

Nach Branchenangaben stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 94.000. Dies sei sein Zuwachs von 12,1 Prozent, während das Plus in der Gesamtwirtschaft nur bei 2,1 Prozent gelegen habe. Fast jeder fünfte neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplatz sei im Gastgewerbe entstanden. Mit insgesamt 800.000 Beschäftigten befinde man sich auf einem Allzeit-Hoch. 90.000 junge Menschen würden in einem der sechs gastgewerblichen Berufe ausgebildet. 2010 wurde allerdings bei den Ausbildungsverhältnissen ein überdurchschnittliches Minus von 9,6 Prozent verzeichnet. Um gegenzusteuern habe man unter anderem die Ausbildungsvergütungen angehoben, erklärte Fischer. Insgesamt stellte Fischer fest: "Der Jobmotor Gastgewerbe läuft. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass diese Arbeitsplätze in Deutschland bleiben, denn wir verlagern keine Arbeitsplätze ins Ausland."

Der Rückgang der Ausbildungszahlen löste Besorgnis bei der CDU/CSU-Fraktion aus. Es sei außerdem ein Problem, dass fast die Hälfte der Auszubildenden nach bestandener Prüfung den gelernten Beruf verlasse.
Die SPD-Fraktion führte diese Entwicklung auf die zum Teil "prekäre Beschäftigungssituation" zurück. Gründe seien auch mangelnde Tarifbindung und Billigjobs.
Die Linksfraktion kritisierte, die Beschäftigten würden zum Teil so wenig verdienen, dass sie mit Hartz IV aufstocken müssten. Das sei quasi eine Subventionierung der Branche.

Für den Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, Ernst Hinsken (CDU/CSU), kann die Bedeutung des Hotel und Gaststättengewerbes gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. "Die 240.000 meist mittelständischen Betriebe mit mehr als einer Million Beschäftigten und 90.000 Auszubildenden dokumentieren dies eindrucksvoll", sagte Hinsken. Der Umsatz der Branche, die die besten Wachstumsraten seit Jahrzehnten habe, betrage fast 60 Milliarden Euro. "Deutschland steht als Reiseland sowohl bei den Gästen aus dem Inland als auch aus dem Ausland hoch im Kurs", erklärte Hinsken, der bald ein Überschreiten der Grenze von 400 Millionen Übernachtungen in Deutschland im Jahr erwartet. 2011 waren vom Statistischen Bundesamt 394,1 Millionen Übernachtungen registriert worden. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • AfD will Gebäudeenergiegesetz abschaffen

    Die AfD-Fraktion will das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abschaffen und verlangt in einem Antrag (21/227) außerdem, auf die CO2-Bepreisung von Heizöl und Gas zu verzichten. Die entsprechenden Vorschriften sollen "schnellstmöglich, vollständig und ersatzlos" gestrichen werden. Zudem soll die Umsetzung aller entsprechenden EU Verordnungen und Richtlinien (etwa der sogenannte Green Deal der EU) sowie damit verbundene Regulierungen wie der CO2-Grenzausgleich sofort beendet werden.

  • Änderung der Verordnung (EU) 2017/625

    Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen drängt auf eine verpflichtende Produktkennzeichnung für Lebensmittel, die genomisch verändert wurden. Anlass ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, die im Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über mit genomischen Techniken gewonnene Pflanzen und die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel vorgelegt hat.

  • Steuerhinterziehung & Cum-Cum

    Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt in einem Antrag (21/226), organisierte Steuerhinterziehung wie die sogenannten Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden. Der Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

  • Ausschuss gegen Cum-Cum-Antrag der Grünen

    Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD einen Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Organisierte Steuerhinterziehung wie Cum-Cum-Deals aufklären, Steuermilliarden konsequent zurückfordern und Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängern" (21/226) abgelehnt. Für den Antrag stimmten neben der Antragstellerin die Fraktionen der AfD und Die Linke.

  • Versorgungslage signifikant verbessert

    Die Inbetriebnahme des vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entwickelten Frühwarnsystems bei Arzneimittel-Lieferengpässen in einer funktionsfähigen Basisversion ist nach Angaben der Bundesregierung für das vierte Quartal 2025 vorgesehen. Der Aufbau des Frühwarnsystems habe insbesondere bei der Beobachtung und Bewertung der Versorgung mit antibiotikahaltigen Arzneimitteln für Kinder unterstützende Daten geliefert, heißt es in der Antwort (21/338) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (21/171) der AfD-Fraktion.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen