Gesetzentwurf: Widerrufs- und Rückgaberecht


Neufassung der EU-Verbraucherkreditlinie kontrovers diskutiert
Bundesrat fordert, eine zeitlich begrenzte Widerrufsfrist von drei Monaten bei fehlender oder irreführender Belehrung einzuführen


(26.03.09) - Die rechtspolitischen Ziele werden bei der Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom Bundesverband der Verbraucherzentrale unterstützt. Dies machte deren Vertreter Manfred Westphal auf einer Anhörung des Rechtsausschusses deutlich. Er war zusammen mit weiteren Sachverständigen eingeladen worden, um unter anderem zur Neufassung der Verbraucherkreditlinie Stellung zu nehmen. Die Bundesregierung hatte hierzu einen Gesetzentwurf (16/11643) vorgelegt.

Auch Rechtsanwalt Carsten Föhlisch, Justiziar und Prokurist der "Trusted Shops GmbH" aus Köln, meinte, der Entwurf sei mit Blick auf die Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht "ganz überwiegend" gelungen und ausdrücklich zu begrüßen.

Manfred Westphal sprach sich aber gegen die Forderung des Bundesrates aus, eine zeitlich begrenzte Widerrufsfrist von drei Monaten bei fehlender oder irreführender Belehrung einzuführen. Der Gesetzgeber habe für die Fälle der nicht ordnungsgemäßen Belehrung das Erlöschen der Widerrufsfrist ausdrücklich ausgeschlossen.

Rechtsanwalt Reiner Siedler, der den in Berlin ansässigen Zentralen Kreditausschuss vertrat, nannte die Ausdehnung der Musterwiderrufsbelehrung auch auf Verbraucherkredite "problematisch". Es sei nicht nur für die Kreditwirtschaft, sondern auch für Bausparkassen und Versicherungen von grundlegender Bedeutung, dass die auf Tilgungsersatzinstrumente erbrachten Ansparleistungen auch zukünftig aus der Berechnung des effektiven Jahreszinses ausgeklammert blieben.

Dirk Schlochtermeyer, Leiter Kapitalanlagen beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., zeigte sich unzufrieden damit, dass die Verbraucherkreditrichtlinie ausschließlich Effektivzinsvorschriften bei Verbraucherkrediten vorsehe. Immobiliendarlehen seien durch die Richtlinie gerade nicht geregelt. Eine Ausweitung der in der Richtlinie bewusst verbraucherkreditspezifisch ausgestalteten Effektivzinsvorschrift auf Immobilienkredite lehne die Versicherungswirtschaft daher ab, so der Experte.

Professor Jan Schürnbrand vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg bezeichnete die Verbraucherkreditrichtlinie "von handwerklich sehr begrenzter Qualität". Sie enthalte auch inhaltlich viele kritikwürdige Regelungen. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben wiederum sei in dem Regierungsentwurf insgesamt gut gelungen.

Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen aus Hamburg meinte, der Gesetzentwurf gebe keine Antwort auf die aktuelle weltweite Finanzmarktkrise. Stattdessen ersetze er den Verbraucherschutz gegen Überschuldung und Übervorteilung durch eine "Verbraucherinformationsflut". Die darin gegebenen Definitionen würden bei Wucher, Verzug, Kündigung, Vorfälligkeit und Umschuldung den zivilrechtlichen Schuldnerschutz wesentlich aushöhlen und damit mehr notleidende Kredite produzieren, so der Sachverständige. (Deutscher Bundestag: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Bitcom lobt und kritisiert Kryptopolitik

    Der Branchenverband Bitcom warnt davor, dass Deutschland seine gute Ausgangsposition im Bereich der Kryptowirtschaft nicht aufs Spiel setzen solle. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (20/10280) sagte Bitcom-Vertreter Benedikt Faupel: "Der Standort Deutschland hat gute Voraussetzungen, ich erinnere an die Blockchain-Strategie."

  • Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Inhalte

    Der Kulturausschuss hat sich in einem öffentlichen Fachgespräch mit den Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich auseinandergesetzt. Geladen hatte er Sachverständige von Gewerkschaften, Berufsverbänden, Unternehmen und aus der Wissenschaft.

  • Modernisierung des Postrechts

    In einer Anhörung beschäftigten sich neun Sachverständige mit dem Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Modernisierung des Postrechts (20/10283). Dieses beinhalte eine "grundlegende Novellierung des Postrechts", schreibt die Bundesregierung zu dem Entwurf.

  • Einnahmen aus dem Energiekrisenbeitrag

    Die im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine massiv gestiegenen Preise für Erdgas, Wärme und Strom haben zeitweise eine existenzbedrohende Belastung für die Bevölkerung und Unternehmen in Europa und nicht zuletzt in Deutschland dargestellt. Dabei sorgten das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) für eine zeitlich befristete, schnelle Entlastung in der Breite der Bevölkerung und der Unternehmen in Deutschland, welche durch ihre konkrete Ausgestaltung die Anreize zum Energiesparen aufrechterhalten hat.

  • Soziale und ökologische Nachhaltigkeit

    Eine nachhaltige Künstliche Intelligenz (KI) braucht politische Rahmenbedingungen. Das machte Kilian Vieth-Ditlmann, stellvertretender Leiter des Policy- & Advocacy-Teams bei der AW AlgorithmWatch gGmbH während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung deutlich. Als ersten Schritt bewertete er die im EU-Parlament verabschiedete KI-Verordnung.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen