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Kartelle auf dem Zementsektor?


Kartellrecht: Europäische Kommission leitet Kartellverfahren gegen mehrere Zementhersteller ein
Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen auf den Märkten für Zement und verwandte Produkte


(16.12.10) - Wegen vermuteter Verstöße gegen das in Artikel 101 AEUV niedergelegte Verbot wettbewerbsbeschränkender Praktiken hat die Europäische Kommission ein Kartellverfahren gegen eine Reihe von Zementherstellern eingeleitet. Untersucht werden sollen insbesondere etwaige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen und Preisabsprachen sowie eine etwaige Marktaufteilung auf den Märkten für Zement und verwandte Produkte.

Die Europäische Kommission vermutet wettbewerbswidrige Praktiken mehrerer Hersteller von Zement und verwandten Produkten in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich und hat daher eine kartellrechtliche Untersuchung eingeleitet. Die vorläufige Beurteilung der Kommission ergab, dass dieser Untersuchung Vorrang eingeräumt werden sollte.

Die Kommission hat in dieser Sache bereits zweimal Nachprüfungen durchgeführt (vgl. MEMO/08/676 für die Unternehmen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Italien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich sowie MEMO/09/409 für die Unternehmen in Spanien).

Untersucht werden nun Hinweise auf Praktiken der Unternehmen zur Einschränkung von Handelsströmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), so u. a. auf Beschränkungen von Einfuhren in den EWR aus Ländern außerhalb des EWR, Marktaufteilung, Preisabstimmung und damit zusammenhängende wettbewerbswidrige Verhaltensweisen auf den Märkten für Zement und verwandte Produkte.

Bei den betroffenen Produkten handelt es sich neben Zement um zementhaltige Produkte (z. B. Fertigbeton) und andere Werkstoffe zur Herstellung zementhaltiger Produkte (z. B. Klinker, Zuschlagstoffe, Hüttensand und Hüttensandmehl, Flugasche).

Die Einleitung des Verfahrens bedeutet nicht, dass der Kommission stichhaltige Beweise für einen Verstoß vorliegen, sondern nur, dass sie die Sache als vorrangig betrachtet und eingehend untersuchen wird.

Für den Abschluss von Kartellverfahren gibt es keine verbindliche Frist. Die Dauer einer Untersuchung hängt u. a. davon ab, wie komplex ein Fall ist und in welchem Umfang die beteiligten Unternehmen mit der Kommission zusammenarbeiten und von ihren Verteidigungsrechten Gebrauch machen.

Hintergrund
Die Märkte für Zement und andere Baustoffe sind in der Vergangenheit sowohl von der Kommission als auch von Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten bereits untersucht worden. So verhängte die Kommission im Jahr 1994 Geldbußen gegen ein europaweites Kartell im Zementsektor (vgl. IP/94/1108), und auch die deutsche und die polnische Wettbewerbsbehörde setzten 2003 bzw. 2009 Geldbußen gegen Kartelle auf dem Zementmarkt fest. Frankreich verhängte 2007 eine solche Geldbuße.

Rechtsgrundlage des Beschlusses
Die Rechtsgrundlage für diesen Verfahrensschritt bilden Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates und Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission.

Nach Artikel 11 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1/2003 entfällt mit der Einleitung von Verfahren durch die Kommission die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV. In Artikel 16 Absatz 1 dieser Verordnung ist zudem festgelegt, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten keine Entscheidungen erlassen dürfen, die einem Beschluss zuwiderlaufen, den die Kommission in einem von ihr eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt.

Nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 773/2004 kann die Kommission jederzeit die Einleitung eines Verfahrens zum Erlass eines Beschlusses gemäß den Artikeln 7 bis 10 der Verordnung Nr. 1/2003 beschließen. (Europäische Kommission: ra)


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